Bochum. Woher kommen eigentlich die Nachrichten auf waz.de und in der Zeitung? Einblicke in den abwechslungsreichen Alltag der Lokalredaktion Bochum.

Am Abend zuvor. Das schwarze Handy auf dem Wohnzimmertisch brummt. Es ist 22.17 Uhr, auf dem Fernseher flackert ein Film, auf dem Handy-Bildschirm eine Nachricht auf. WAZ-Redakteur Michael Weeke wirft einen flüchtigen Blick aufs Diensthandy. „@Lokalredaktion Bochum. Habt ihr das gesehen?“. Ein Informant hat Fotos eines explodierten Hauses in Bochum-Linden geschickt. Die Online-Redaktion in Essen ist auch am Abend noch besetzt. Der erfahrene Redakteur erstarrt, so ein Ausmaß an Zerstörung hat er noch nicht häufig gesehen. „Ich kümmere mich!“

Handy, Notizblock, Kugelschreiber. Während Online-Redakteurin Tatjana Tempel eine erste Meldung über die Explosion schreibt, setzt sich Michael Weeke ins Auto – 25 Minuten bis zum Ort des Geschehens. Vor Ort – totale Zerstörung. Wer ist der Einsatzleiter? Was genau ist passiert? Michael Weeke macht sich Notizen.

Totale Zerstörung: Bei einer Gasexplosion ist ein Haus in Bochum-Linden ist ein Haus komplett zerstört worden.
Totale Zerstörung: Bei einer Gasexplosion ist ein Haus in Bochum-Linden ist ein Haus komplett zerstört worden. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Zur gleichen Zeit lässt Redakteurin Karoline Poll zu Hause die Tür ins Schloss fallen. An der Steckdose auf dem Schreibtisch lädt ihr Diensthandy den schwachen Akku auf. Ein letzter Blick vor dem Schlafengehen? Dann wird es hektisch. Ein knappes Telefonat mit dem Kollegen Michael, eines mit Online-Redakteurin Tatjana Tempel. Währenddessen fährt der Laptop hoch. Es ist 23.30 Uhr. Push-Meldung auf die Handys der Leserinnen und Leser: „Haus in Bochum explodiert – Menschen vermisst.“

Konferenzen jetzt meist digital

Der nächste Tag. 9.30 Uhr – Konferenz. Einst läutete täglich das silberne Glöckchen mit Hirschgeweih die Journalistinnen und Journalisten zur gemeinsamen Besprechung. Seit der Corona-Pandemie ist es meist das „Pling“ der digitalen Konferenz auf Handy und Laptop.

An diesem Morgen ist – wie so oft – alles anders als am Tag zuvor geplant. Redakteur Jürgen Stahl ist bereits in der Nacht alarmiert worden. Seit 6 Uhr morgens begleitet er die Bergungsarbeiten in Linden. Auch Redaktionsleiter Thomas Schmitt ist schon seit 7.30 Uhr im Dienst. Konferenz!

Redakteurin Carolin Rau hat sich vom Handy in die Besprechung eingewählt. „Ich komm‘ auch gleich rein.“ Blick in die Online-Statistik. Keine Überraschung, dass die Haus-Explosion in Linden an diesem Morgen die meisten Leserinnen und Leser interessiert. Welche Fragen müssen wir beantworten? Wer schreibt was? 15 Minuten später weiß jeder, was zu tun ist.

Arbeiten direkt aus dem Justizzentrum

Redakteur Andreas Rorowski zieht sich zum Telefonieren ins Einzelbüro zurück. Am Eingang der Redaktion klappert die Glastür. Sekretärin Claudia Piontek kümmert sich um den älteren Herrn, der einen Zugang zur digitalen WAZ haben möchte. (Hier können Sie die WAZ digital abonnieren)

Gleichzeitig im Justizzentrum. Reporter Bernd Kiesewetter eilt von Saal 1.15 in „seine“ Kantinen-Ecke – einem der wenigen Orte des Neubaus mit stabilem Handy-Netz. Dort klappt er den Laptop auf. Am Nebentisch quatschen Staatsanwälte und Richter. Das Schreiben im Justizzentrum spart Zeit, in 30 Minuten beginnt der nächste Prozess. Die Tastatur klappert.

Reporter Bernd Kiesewetter eilt von Saal 1.15 in „seine“ Kantinen-Ecke – einem der wenigen Orte des Neubaus mit stabilem Handy-Netz.
Reporter Bernd Kiesewetter eilt von Saal 1.15 in „seine“ Kantinen-Ecke – einem der wenigen Orte des Neubaus mit stabilem Handy-Netz. © WAZ

In der Lokalredaktion mitten in der Bochumer Innenstadt hat Redaktionsleiter Thomas Schmitt indes die nächste Videokonferenz. Dieses Mal mit dem Blattmacher in Essen. Welcher Text muss am nächsten Tag in die Zeitung? Das Haus kommt selbstverständlich auf die Seite 1 der Lokalausgabe. Wie groß werden die anderen Themen? Neun Zeitungsseiten werden an diesem Tag gefüttert. Viel mehr Texte erscheinen im Online-Portal.

In der Redaktionsküche brummt die Kaffeemaschine. Am Schreibtisch scrollt sich Redakteurin Sabine Vogt durch schweres Verwaltungsdeutsch. Neue Häuser sollen gebaut werden. Einigen Bochumerinnen und Bochumern gefällt das gar nicht, weil dafür wieder Bäume fallen. Andere freuen sich über günstige Wohnungen. Einige Telefonate später ist klar: Diese Geschichte wird Sabine Vogt am Abend auf der Stadtteilseite erzählen.

Auf einer matschigen Wiese den Alpakas entgegen

Redakteurin Carolin Rau stapft indes gemeinsam mit Fotografin Svenja Hanusch durch die matschige Wiese in Bochum-Hiltrop. Vier Alpakas hüpfen den beiden entgegen. Die kleine Farm ist neu, demnächst soll es geführte Spaziergänge und Picknicks geben. Carolin Rau nimmt das Handy aus der Tasche und hält es dem flauschigen Oskar direkt vor die Nase. Für den Auftritt der Lokalredaktion in den sozialen Netzwerken wird sie später ein Mini-Video – Reel genannt – produzieren.

Redakteurin Carolin Rau füttert Alpaka Oskar - ein schöner Termin!
Redakteurin Carolin Rau füttert Alpaka Oskar - ein schöner Termin! © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Ping-Pong. Kurze Pause. Von der letzten Weihnachtsfeier hängt ein Tischtennisnetz im Einzelbüro. Es geht bis Elf. Wer der beste Spieler ist? Redaktionsgeheimnis.

15 Uhr – Pling! Konferenz. Redakteurin Carolin Rau sitzt mit matschigen Schuhen nach ihrem Alpaka-Termin auf oder besser im schwarzen Sofa der Redaktion. Der Laptop liegt auf den Knien. Redaktionsleiter Thomas Schmitt wirft einen Blick in die Runde. „Hat sich was geändert? Ist was dazu gekommen?“

Redakteurin Sarah Kähler sagt: „Im Nachrichtenmagazin ,Spiegel’ hat sich ein Bochumer Schulleiter wegen des Lehrermangels für Distanzunterricht ausgesprochen. Sollen wir den auch mal anrufen?“ Wattenscheid-Experte Ralf Drews wirft ein, dass dazu auch sicher eine Schulleiterin aus Wattenscheid etwas sagen kann.

Politik tagt – im Schauspielhaus gibt’s eine Premiere

Gernot Noelle hat sich schon seine Jacke übergeworfen. „Kann gleich noch jemand meinen Text lesen?“ Der Stadtteil-Redakteur eilt in die Bezirksvertretung Ost. Dort debattieren die Politikerinnen und Politiker über ein umstrittenes Neubaugebiet. Seinen Text wird er dort aus dem kühl-grauen Saal schreiben.

Redakteur Gernot Noelle in der Bezirksvertretung Bochum Ost.
Redakteur Gernot Noelle in der Bezirksvertretung Bochum Ost. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Es wird dunkel in Bochum. Kultur-Experte Sven Westernströer eilt ins Schauspielhaus – sein zweites Wohnzimmer. Es ist Premiere. Die Lichter werden gedimmt, der Block liegt auf dem Schoß. In der Redaktion brennt noch Licht. Andreas Rorowski hat Spätdienst. Er lässt den Blick über die fertigen Zeitungsseiten schweifen, in wenigen Minuten erscheint das E-Paper. „Liebe Leserinnen und Leser…“ tippt er in den Newsletter, der täglich verschickt wird. Das Handy hängt an der Steckdose.

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Dieser Beitrag erscheint anlässlich des 75. Geburtstages der WAZ. Alle Artikel zum Jubiläum finden Sie unter waz.de/75jahrewaz. Unsere große Jubiläumsausgabe können Sie auch online durchblättern als digitales „Flipbook“: waz.de/jubilaeum.