Duisburg. Heinz Kreutz, Vertreter der informellen Kunst, wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Das Museum Küppersmühle widmet ihm eine Ausstellung.

Der Unterschied könnte kaum größer sein… Links feiert das leuchtende Gelb das tiefe Blau, rechts versinken kubistische Formen in einer dunklen Fläche. Zwei Werke, ein Künstler: Heinz Kreutz, einer der großen Vertreter des deutschen Informel, wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Das nimmt das Museum Küppersmühle zum Anlass, sich seinem Werk mit der Retrospektive „Heinz Kreutz – Schwarz-Weiß und in Farbe“ zu widmen. Und eines zeigt sich schnell, wie auch Direktor Walter Smerling, betont: „Hier werden die verschiedenen Entwicklungen seiner Phasen zusammengefasst.“

Die Anfänge sind düster, bedrückend. Kein Wunder, beim Anblick der Jahreszahlen 1949 und 1950. Heinz Kreutz war gerade einmal 15, als der Krieg begann, mit 18 wurde er eingezogen. Nachdem er schwer verletzt aus Stalingrad zurückgekehrt war, blieb er zwei Jahre im Lazarett und kam dort in Kontakt mit… reingeschmuggelten Zigarettenbildchen. „Die haben ihn aber nicht zum Rauchen verführt“, erzählt Walter Smerling, „sondern zum Malen.“ Denn darauf zu sehen waren Abbildungen der von den Nazis verbotenen Maler und Malerinnen der Moderne. Und die faszinierten ihn sofort.

Informelle Bilder

Heinz Kreutz begann zu malen, zunächst Portraits, dann auch Ungegenständliches. Das dunkle „Stillleben“ beispielsweise befindet sich auf einer beschädigten Spanplatte, das er mit seinem Fahrrad von der Frankfurter Messe abgeholt hatte. Materialien waren in den Nachkriegsjahren eben schwer zu bekommen… Die Techniken brachte er sich selbst bei, gezwungenermaßen – oder doch selbstgewählt? „Er war ein Enfant terrible“, sagt Kuratorin Katharina Zimmermann. Erst schmiss ihn die Kunstakademie raus, dann die Kunstgewerbeschule. „Er war Autodidakt, weil er sich nicht anpassen und unterordnen lassen wollte.“

Zu Beginn seiner Karriere malte Heinz Kreutz düstere Bilder wie dieses.
Zu Beginn seiner Karriere malte Heinz Kreutz düstere Bilder wie dieses. © Schur

Also entwickelte Heinz Kreutz seinen Stil weiter, aber natürlich dann doch nicht ganz allein. In Paris ließ er sich vom Impressionismus inspirieren, zurück in Deutschland gründete er 1952 mit Otto Greis, Karl Otto Götz und Bernard Schultze die Künstlergruppe Quadriga. Aus dieser Zeit stammen seine neoexpressionistischen und informellen Gemälde, für die er bekannt ist. Der Pinselduktus wird erkennbar, der Farbverlauf wichtiger. Dunkel sind die Bilder allerdings immer noch… „Wenn man aber genau hinschaut“, so Katharina Zimmermann, „sieht man, dass es keine rein schwarzen oder weißen Flächen sind.“

Viele Assoziationen

Die Tiefenillusion beschäftigte Heinz Kreutz auch in den kommenden Jahren, wobei die Farben langsam doch heller und strahlender werden. Aber wo kommt denn nun das „Schwarz-Weiß“ aus dem Titel der Ausstellung her? Dazu geht’s nun zu den Holzschnitten, die im kompletten Gegensatz zu den zarten Aquarellen stehen. „Er wollte die Farbfelder abstecken“, sagt die Kuratorin, „und hier hat er es sehr scharfkantig versucht.“ Schwarze und weiße Flächen bilden abstrakte Muster, wobei… ist das nicht eine trommelnde Frau? Oder eine Figur mit großem Kopf? Alles nur Assoziationen.

Ein spätes Werk von Heinz Kreutz: „Mittag in der Nähe des Re“ von 1990.
Ein spätes Werk von Heinz Kreutz: „Mittag in der Nähe des Re“ von 1990. © Stiftung für Kunst und Kultur e.V. / Nachlass Heinz Kreutz | Henning Krause

„Das Schwarz-Weiße ist in seiner Ausstellungsbiografie unterrepräsentiert“, findet Katharina Zimmermann und legte deshalb einen Schwerpunkt auf ebenjene Phase – die allerdings bald schon wieder abgelöst wurde von der nächsten, farbigen… architektonischen? „Das kam alles nicht plötzlich“, betont sie, „er hat sich dort hingehangelt.“ Bei „blau – grün – gelb“ von 1966 beispielsweise bilden Kreise und Halbkreise zusammen mit Rechtecken ein Konstrukt, das entfernt an ein Gebäude erinnert. „Aber es bleibt doch abstrakt“, hält sie fest.

Reise durch die Kunstgeschichte

Die Bilder werden minimalistischer, knalliger – als ob sie gerade von der Staffelei kommen würden. „Gerade weil er nicht in den akademischen Kontext eingebunden war, war ihm die technische Qualität sehr wichtig“, erklärt die Kuratorin. Nur so konnten Farbe und Licht in seinen Streifen- und Rasterbildern ihre volle Wirkkraft entfalten. Dafür beschäftigte er sich übrigens auch mit den Theorien von Johann Wolfgang von Goethe, über Arthur Schopenhauer bis hin zu Philipp Otto Runge. Für Letzteren schuf er sogar ein „Denkmal“, das – zumindest auf den ersten Blick – nichts mit romantischer Malerei zu tun hat und vielmehr an Josef Albers’ farbigen Quadrate erinnert. „Aber er hat sich unabhängig von der Mode entwickelt.“

Nicht in Schubladen zu denken, das fällt schwer bei all den -ismen. Und manchmal helfen ebenjene Kategorien ja auch, gerade bei einem wie Heinz Kreutz, der einen mitnimmt auf eine „kleine Reise durch die Kunstgeschichte“, wie Walter Smerling sagt. Nicht zuletzt deshalb lohnt es sich, neben seinen bekannten Werken in der Ausstellung auch mal nach rechts – zu den düsteren, kubistischen Anfängen – und nach links – zum leuchtenden, impressionistischen Spätwerk – zu schauen. Erst dann zeigt sich die wahre Vielfalt eines Künstlers, der als „Wanderer durch die Zeiten“ immer auf der Suche nach seiner eigenen, malerischen Sprache war. Bis zu seinem Tod im Jahr 2016.

>>> Aktuelle Ausstellungen im Museum Küppersmühle in Duisburg

Die Ausstellung „Heinz Kreutz – Schwarz-Weiß und in Farbe. Zum 100. Geburtstag“ ist noch bis zum 28. Januar 2024 im Museum Küppersmühle in Duisburg zu sehen. Der Nachlass des Künstlers befindet sich seit 2022 in der MKM Stiftung des Museum Küppersmühle – aus ihm kommt auch der Großteil der Ausstellung.

Zur Ausstellung ist ein umfassender Katalog im Wienand Verlag erschienen. Unter anderem ist dort auch ein Interview mit Heinz Kreutz abgedruckt. Die Kosten liegen bei 30 Euro. Weitere Informationen sind auf der Homepage zu finden: www.museum-kueppersmuehle.de

Das Museum Küppersmühle zeigt außerdem noch bis zum 26. November die Ausstellung „Christoph M. Gais. Bilderwelten von 1990 bis heute“. Das Werk des 1951 in Stuttgart geborenen Künstlers markiert eine wichtige Position in der zeitgenössischen Kunst.