Düsseldorf. Peter Eickhoff aus Düsseldorf hat das Buch „111 Orte am Niederrhein, die man gesehen haben muss“ geschrieben. Mit einigen Ausflugstipps.
Auf den verwitterten Steinen wächst grünes Moos, dazwischen auch mal ein blaues Blümchen… und doch, mit etwas Fantasie, verwandelt sich die verwunschene Burgruine plötzlich wieder in die prächtige Kaiserpfalz. Dort drüben, ein Schild verrät’s, befand sich einst der Haupteingang, und hier, ebenfalls nachzulesen, ging’s zum Festsaal. Wenn das mal nicht eine außergewöhnliche Sehenswürdigkeit ist! Findet auch Peter Eickhoff, der in seinem Buch neben der Kaiserpfalz noch viele weitere Orte, genauer gesagt „111 Orte am Niederrhein, die man gesehen haben muss“, aufführt.
Herr Eickhoff, wann haben Sie die Kaiserpfalz das erste Mal besucht?
Ich war schon als Kind hier. Die Kaiserpfalz ist sicher kein Lieblingsort der Düsseldorfer, aber die meisten haben zumindest schon mal einen Ausflug hierhin gemacht. Der Burghof nebenan ist übrigens einer der beliebtesten Biergärten.
Wieso ist die Kaiserpfalz ein Ort, den man am Niederrhein auf jeden Fall gesehen haben muss?
Das hier war ein mächtiger Ort. Früher hatten die Kaiser und Könige keine festen Residenzen, sondern sind von Pfalz zu Pfalz gereist und haben dabei auch in Kaiserswerth Halt gemacht… Moment, ich muss selbst mal eben in meinem Buch nachschauen, wie viele es waren… (blättert)… In 200 Jahren waren 57 Kaiser und Könige hier, also ziemlich viele. Das zeigt, dass es schon immer ein politisches Interesse an der Gegend gab. Heute ist nicht mehr viel von der Kaiserpfalz übrig, was jedoch sinnbildlich für den Niederrhein steht.
Inwiefern?
Wenn man über den Niederrhein redet, muss man sich klar machen, dass 1944 hier alles zerstört wurde. Nehmen wir die Stadt Emmerich: Das war eine alte, traditionsreiche Handelsstadt, die innerhalb einer Dreiviertelstunde komplett zerstört wurde. Nach dem Krieg wurde dort alles wieder aufgebaut, so wie an vielen Orten auch. Der Niederrhein ist also eigentlich eine verschwundene Landschaft. Vieles wurde restauriert, einiges gibt’s nur noch als Ruine und für alles andere braucht es Fantasie.
Wieso sind Sie so fasziniert von der Historie eines Ortes?
Ich habe zwar Geschichte nicht studiert, aber mich schon als Kind dafür interessiert. Mit zehn Jahren habe ich die „Kleine Geschichte der Stadt Düsseldorf“ gelesen. Irgendwann bin ich, was meine Mutter damals nicht wusste, mit dem Rad am Rhein entlang bis nach Krefeld gefahren. Denn mein Geschichtslehrer hatte gesagt, dass die Burg Linn eine original erhaltene Burg aus dem Mittelalter sei. Mittlerweile weiß ich, dass das nicht stimmt. Aber während meiner Radtouren habe ich immer auch gehofft, dass ich so einen Fund wie die Fischer in Lüttingen machen würde...
Was war das?
Ich habe als Kind davon gelesen, dass Fischer den Lüttinger Knaben – einen lebensgroßen Bronzeknaben, der in der Nähe der Bislicher Fähre schon seit fast 2000 Jahren im Flusssand lag – ausgegraben hatten. Mittlerweile steht die Figur als besterhaltene Großbronze der Antikensammlung im Neuen Museum in Berlin. Aber ich dachte mir als Kind: Was die Fischer konnten, kann ich auch! Wenn ich nur lang genug herumfahre, finde ich auch etwas.
Und Sie fahren heute noch herum, wenn auch zu einem anderen Zweck…
Ja, für meine Bücher fahre ich tatsächlich viel herum, da komme ich schon auf ein paar tausend Kilometer.
Klar, bei 111 Orten. Aber wieso eigentlich so eine krumme Zahl?
Dazu muss ich kurz die Geschichte des Verlags erzählen. Früher war „emons“ noch ein kleiner Verlag, der sich auf Kölner Bücher und Regionalkrimis spezialisiert hatte. Als dann das Buch „1000 Orte, die man gesehen haben muss, bevor man stirbt“ erschien, dachten sich einige Leute im Verlag, dass es das doch auch für Köln geben müsste. Aber 1000 Orte sind zu viele und 100 Orte klingt zu banal. Und weil die Elf eine Kölner Zahl ist – wegen des Elferrats und der 11.000 Kölner Jungfrauen (die wurden übrigens allesamt als Gefolge der heiligen Ursala hingerichtet...) – entschied man sich schließlich für 111. Tatsächlich ging das Buch „111 Orte, die man in Köln gesehen haben muss“ weg wie geschnittenes Brot.
Von Köln nach Düsseldorf…
Wie der Zufall es will, habe ich eine winzigkleine Werbeanzeige in der Zeitung gesehen und mir gedacht: Wenn es so ein Buch für Köln gibt, muss es das doch auch für Düsseldorf geben. Ich habe also beim Verlag angerufen und der fand den Vorschlag gut. Mein Düsseldorfer Buch war dann zwar nicht ganz so erfolgreich wie das Kölner, aber die erste Auflage war trotzdem schon nach vier Wochen ausverkauft und im kommenden Jahr wird die zehnte Auflage erscheinen. Daraus entstanden dann meine anderen Bücher.
Auch „111 Orte am Niederrhein, die man gesehen haben muss“, das nun bereits in der sechsten Auflage erschienen ist. Wie haben Sie die Orte gefunden?
Es sind alles Orte, die ich selbst interessant finde, die aber auch von Allgemeininteresse sind. Los geht’s mit dem Schloss Moyland, das heute ja ein Museum ist, aber lange eine Ruine war. Das fand ich schon vor 40 Jahren interessant. Deshalb fuhr ich dort hin, als die Fenster noch vernagelt waren und alles im Sumpf unterzugehen drohte. Jetzt steht’s in meinem Buch an erster Stelle – weil Bedburg-Hau alphabetisch vorne liegt, aber das hat sich auch so gut ergeben… Es gibt insgesamt aber so viel Großartiges am Niederrhein.
Zum Beispiel?
Das Museum Kurhaus Kleve, von dem ich total begeistert bin, oder auch die Dorfkirche von Hanselaer, die ich vorher nur flüchtig kannte. In der aktuellen Auflage sind außerdem 20 bis 25 neue Orte dabei, wie die Schimanski-Gasse in Duisburg oder das Hosen-Grab in Düsseldorf. Mein Ziel ist es, 111 Anregungen zu geben, die dazu beitragen, dass die Leser an den Niederrhein fahren und sich bewusst machen, wie großartig diese Gegend eigentlich ist. Denn meines Erachtens wird der Niederrhein völlig unterschätzt.
Wieso?
Das hat wahrscheinlich zwei Gründe. Zum einen, weil nun mal der Niederrhein im Krieg tagelang bombardiert wurde und damit auch die Niederrheinatmosphäre komplett zerstört wurde. Zum anderen weil dem Niederrhein eine ländliches Vor-Sich-Hindümpeln mit Holzklumpen und Kopfweiden nachgesagt wird. Dabei würde ich nicht das Provinzielle, sondern das Europäische betonen – gerade, weil es schon immer ein europäisches Interessensgebiet war.
In Ihrem Vorwort fragen Sie, was der Niederrhein in seinem Wesen ist. Haben Sie es herausgefunden?
Das ist nicht so einfach. Es gibt zwei Hauptlinien: Zum einen das sehr konservativ Katholische, zum anderen den libertären Geist – geprägt durch so extreme Figuren wie Joseph Beuys, Campino oder Wim Wenders. Der Niederrhein bringt immer wieder gute Typen hervor. Und nicht zu vergessen der unverwechselbare Humor, der nicht typisch niederrheinisch, aber auf jeden Fall rheinisch ist – und den man vermisst, sobald mal woanders ist.
>>> „111 Orte am Niederrhein, die man gesehen haben muss“
Peter Eickhoff hat bereits mehrere Bücher über Düsseldorf und den Niederrhein, aber auch über andere Orte wie Wien oder Südtirol, geschrieben.
„111 Orte am Niederrhein, die man gesehen haben muss“ ist nun als sechste Auflage im emons-Verlag erschienen und kostet 18 Euro.