Köln. . Seitdem eine neue U-Bahn zwischen Hauptbahnhof und Rathaus fährt, sind im Kölner Dom Erschütterungen messbar. Die Stadt will nun mit den Verkehrsbetrieben KVB eine Lösung finden, um Deutschlands berühmteste Kirche zu schützen. 2009 war in Köln das Stadtarchiv eingestürzt - vermutlich wegen des U-Bahn-Baus.

Ein leichtes Vibrieren: Immer wenn die U-Bahnen der neuen Linie 5 den Tunnel nahe des Kölner Doms passieren, und das geschieht im Zehn-Minuten-Takt – dann zittern in der Kathedrale die Bodenplatten. Die Erdbebenwarte Bensberg, die im Dom Messstellen betreibt, hat die Erschütterungen bestätigt. Gefahr für Nordrhein-Westfalens Wahrzeichen Nr. 1, Teil des Unesco-Weltkulturerbes? Die Verantwortlichen sind alarmiert. „Auf lange Sicht können Gebäudeschäden nicht ausgeschlossen werden“, hieß es gestern nach einem Krisentreffen von Dombauverwaltung, Stadt und Verkehrsbetrieben KVB.

U-Bahn-Stecke kann erst teilweise befahren werden

Fast vier Jahre nach dem Einsturz des historischen Stadtarchivs hat der Bau der Nord-Süd-Bahn die Menschen in Köln damit wieder eingeholt. Das Gebäude war am 3. März 2009 in eine Baugrube gerutscht, zwei Anwohner starben. Beim Tunnelbau war kräftig gepfuscht wurden. Wegen des Unglücks ist die Nord-Süd-Bahn immer noch nicht komplett fertiggestellt. Teilweise kann die Strecke aber mittlerweile befahren werden. Mit der Freigabe der neuen U-Bahnstation Rathaus am 7. Dezember schien zumindest etwas Normalität eingekehrt zu sein. „Ich bin stolz wie Bolle“, verkündete KVB-Chef Jürgen Fenske damals.

Die Normalität ist nun dahin, der Stolz gewiss auch. Die Erschütterungen am Dom wurden erstmals in der Vorweihnachtszeit wahrgenommen, konnten da aber noch nicht eindeutig zugeordnet werden. Tatsächlich gibt es auch Fahrgeräusche, immer für je 20 Sekunden. Seit dem Ortstermin gestern sind sich Domkapitel, Stadt und KVB einig, dass die vorbeifahrende U-Bahn der Verursacher ist. Die Verkehrsbetriebe reagierten sofort: Nur noch mit Tempo 20 statt bisher 30 km/h dürfen die U-Bahnen bis auf Weiteres im nahen Tunnel fahren. So sollen Schäden am Domgebäude und Beeinträchtigungen der Gottesdienste vermieden werden. In drei Wochen wollen die Experten erneut beraten. Wegen der Fahrgeräusche sollen auch Schallgutachter herangezogen werden.

Akute Gefahr besteht nicht

Akute Gefahr bestehe fürs Domgebäude nicht, hieß es. Das sieht auch Klaus-Günter Hinzen, der Leiter der Erdbebenwarte Bensberg, so. „Die festgestellten Erschütterungen sind gering“, sagte Hinzen der NRZ. So gering, dass die Experten der Bebenwarte sie erst bemerkten, nachdem sie jetzt vom Domkapitel gebeten worden waren, die Messprotokolle noch einmal genau zu untersuchen. Allerdings, so Hinzen, befänden sich die Messstellen auch an einer Seite des Doms, die vom U-Bahn-Tunnel angewandt ist. Im Gespräch ist nun, eine weitere Messstelle direkt in der Domschatzkammer einzurichten. Der Leiter der Bebenwarte will sich heute vor Ort ein Bild machen.

Viele Pannen beim Bau

So viel scheint gewiss: Der von Pannen begleitete Bau der Kölner U-Bahn ist um ein Kapitel reicher. Immer wieder hatte es Probleme gegeben, seit die Arbeiten vor bald neun Jahren begonnen hatten. Am Rathaus traten Risse auf, ein Kirchturm sackte teilweise weg, Wohnhäuser wurden beschädigt. Die Kosten für die neue, vier Kilometer lange Strecke waren ursprünglich auf 630 Millionen Euro veranschlagt worden. Mittlerweile dürften sie die Milliarden-Marke längst geknackt haben. Die Nord-Süd-Bahn in Köln: Offenbar ist sie einfach unterirdisch.