Köln. .

Möglicherweise ist menschliches Versagen der Grund für den Einsturz des Stadtarchives in Köln. Laut einem Medienbericht ist nicht nur ein Vermessungsprotokoll sondern auch das Betonierungsprotokoll der Schlitzwand Lamelle 11 der U-Bahngrube Waidmarkt verfälscht worden.

Bei der Suche nach den Ursachen für den Einsturz des Kölner Stadtarchivs gibt es eine neue Spur. Die Schlitzwand-Lamelle 11 der U-Bahngrube Waidmarkt wird zu einem zentralen Punkt bei der Aufklärung der Katastrophe, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet. Nach Informationen der Zeitung sind nicht nur die Werte des Vermessungsprotokolls dieses 3,40 Meter breiten Wandabschnittes verfälscht worden, sondern auch das Betonierungsprotokoll.

In dem rechtlich vorgeschriebenen Papier, das dokumentiert, ob ausreichend Beton in die Lamelle gefüllt wurde, seien Zahlen vertauscht worden. Dem Bericht zufolge ist vermutlich zu wenig Beton verarbeitet worden. Die Gutachter der Staatsanwaltschaft vermuten ein Leck in der unmittelbar vor dem ehemaligen Archiv eingebauten Lamelle 11, durch das Grundwasser in die Baugrube strömte, was schließlich zum Einsturz geführt haben könnte.

Nach Informationen der Zeitung könnte die Lücke dadurch entstanden sein, dass der 3,40 Meter breite Greifer zum Aushub der Lamelle in einer Tiefe von 30 Metern durch ein Hindernis beschädigt und dann gegen einen lediglich 2,80 Meter breiten Greifer ausgetauscht wurde. Nach dem Bericht der Zeitung soll es zudem 22 Lamellen mit falschen Vermessungsprotokollen geben.

Skandal um Pfuschereien wird immer größer

Rund ein Jahr nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs mit zwei Toten sieht die Stadt trotz des Bekanntwerdens von weiteren Mängeln beim U-Bahn-Bau keine weitere Einsturzgefahr. Die hätten neueste Prüfungen am Freitag ergeben, sagte Stadtdirektor Guido Kahlen in Köln. Der große Karnevalsumzug am Sonntag und der Rosenmontagszug werden demnach wie geplant durch die Innenstadt führen.

Die Stadt hatte am Donnerstag in einer Pressemitteilung Berichte bestätigt, wonach weiterer Pfusch beim Bau der U-Bahn-Erweiterung aufgedeckt wurde. Demnach sollen mehr als 80 Prozent der vorgeschriebenen Eisenbügel, die zur Stabilisierung der innerstädtischen Baugrube am Heumarkt vorgesehen waren, nicht eingebaut worden sein. Auch an den Baustellen Waidmarkt und am Rathaus müsse ein unzureichender Einbau von Stahlbügeln befürchtet werden, hieß es. Kahlen sprach in Bezug auf die fehlenden Metallteile von „schlimmen Erkenntnissen“.

In der Nähe des Waidmarkts in der Innenstadt war Anfang März 2009 das Stadtarchiv eingestürzt. Dabei kamen zwei Menschen ums Leben, zahlreiche wertvolle Archivalien wurden verschüttet. Es wird vermutet, dass das Unglück und die Fehler beim U-Bahn-Bau in Zusammenhang stehen.

Kein Zusammenhang mit Einsturz des Archivs

Die Staatsanwaltschaft Köln geht nach eigenen Angaben allerdings davon aus, dass es keinen Zusammenhang zwischen den fehlenden Stahlbügeln und dem Einsturz des Stadtarchivs gibt. Sie ermittelt gegen Mitarbeiter einer beteiligten Baufirma wegen Untreue und Betrugs. Sie sollen die Eisenverankerungen eingespart und an Schrotthändler verkauft haben.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatten die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) die Baugrube am Heumarkt untersuchen lassen. Dabei war nun die fehlenden Eisenbügel bemerkt worden. Experten kamen laut Stadt aber übereinstimmend zu dem Schluss, dass keinerlei Einsturzgefahr besteht. „Es bestand keine Gefahr, und es besteht keine Gefahr“, sagte auch der KVB-Vorstandssprecher Jürgen Fenske am Freitag. KVB und beteiligte Baufirmen kündigten aber an, vorsichtshalber werde es weiterhin regelmäßige Untersuchungen und Messungen geben.

Zu einem Bericht des „Spiegel“, wonach die Stadt zeitweise die Evakuierung von Teilen der Innenstadt erwogen habe, sagte Kahlen, kurzzeitig sei überlegt worden, einen kombinierten Fuß-Radweg an der U-Bahnbaustelle Waidmarkt zu sperren. Das Nachrichtenmagazin hatte berichtet, Stadt, Feuerwehr und Verkehrsbetriebe hätten am 28. Januar großräumige Evakuierungen um den Waidmarkt vorbereiten lassen. Grund seien Sicherheitsbedenken beim U-Bahn-Bau gewesen, die die Kölner Staatsanwaltschaft der KVB zwei Tage zuvor weitergeleitet habe. Nach einer Prüfung durch Sachverständige sei der Notfallplan aber fallengelassen worden. (afp)