Essen. Im Sommer wechseln Tausende Viertklässler in NRW auf weiterführende Schulen. Die Halbjahreszeugnisse mit Empfehlung gab's in dieser Woche. Was jetzt?

Spätestens am Freitag haben auch die letzten Viertklässler in NRW ihre Halbjahreszeugnisse erhalten - und mit ihnen die Empfehlung für die weiterführende Schule. Ein Termin, mit dem viele Entscheidungen verknüpft sind, die über die Zukunft des Kindes entscheiden. Was ist die richtige Schulform für mein Kind? Wer hat das letzte Wort bei der Wahl? Und wer muss eigentlich für das Schülerticket aufkommen? Sechs Fragen, sechs Antworten.

Die sechs Schulformen im Überblick

  • Hauptschule: Laut NRW-Schulministerium vermittelt die Hauptschule "eine grundlegende allgemeine Bildung, die insbesondere auf eine Berufsorientierung und Lebensplanung vorbereitet". Schüler können hier einen Hauptschulabschluss nach Klasse 9 oder 10 erreichen; wer erfolgreich durch die Klasse 10 Typ B kommt, erhält einen mittleren Schulabschluss (Fachoberschulreife). Damit könnte in die gymnasiale Oberstufe gewechselt werden.
  • Realschule: Sie bietet eine "erweiterte allgemeine Bildung"; das bedeutet, dass sowohl praktische Fähigkeiten als auch das Interesse an theoretischen Zusammenhängen gefördert wird. Nach Abschluss der zehnten Klasse können Schüler - wenn sie geeignet sind - aufs Gymnasium oder Berufskolleg wechseln.
  • Gymnasium: Mit einer "vertieften allgemeinen Bildung" qualifiziert der erfolgreiche Besuch des Gymnasiums sowohl für ein Hochschulstudium als auch für eine berufliche Ausbildung. Im Bildungsportal des Landes heißt es dazu: "Der Unterricht soll zur Auseinandersetzung mit komplexen Problemstellungen anleiten und zu abstrahierendem, analysierendem und kritischem Denken führen."
  • Gesamtschule: Im Gegensatz zu anderen Schulformen hält die Gesamtschule Laufbahnentscheidungen möglichst lange offen. Hier werden den Schülern Bildungsgänge angeboten, die alle Abschlüsse der Sekundarstufe I und II ermöglichen, sprich Hauptschulabschluss, mittlerer Schulabschluss und Abitur. Bereits in den Klassen 6 oder 7 können Schüler bestimmte Fächer wählen und damit individuelle Interessensschwerpunkte setzen.
  • Sekundarschule: Die Sekundarschule gibt es erst seit 2011 als neue Schulform der Sekundarstufe I. Sie umfasst also die Klassen 5 bis 10 und bietet von Anfang an auch gymnasiale Standards. Da sie selbst über keine gymnasiale Oberstufe verfügt, besteht eine Kooperation mit mindestens einem Gymnasium, einer Gesamtschule oder einem Berufskolleg; so können Sekundarschüler weiterhin zur Schule gehen und auch ihr Abitur machen.
  • Förderschule: Kinder, die beim Lernen sonderpädagogische Unterstützung benötigen, bekommen eine Empfehlung für die Förderschule. Mit einem Abschluss kann der Schüler eine duale betriebliche Ausbildung oder ein Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) machen; in der sogenannten Berufseinstiegsklasse (BEK) können Absolventen der Förderschule auch den Hauptschulabschluss nachholen oder verbessern.
Empfehlungsschreiben - wer hat das letzte Wort? 

Wer entscheidet über die Schulwahl?

Die Klassenlehrer der Viertklässler stellen eine begründete Empfehlung aus, welche Schulform die geeignetste für den jeweiligen Schüler wäre. Diese Empfehlung ist allerdings nicht verbindlich: Eltern können ihr Kind trotzdem auf ein Gymnasium schicken, obwohl es vom Lehrer eine Empfehlung für die Realschule erhalten hat. Die Klassen 5 und 6 gelten an der Hauptschule, Realschule und Gymnasium als Erprobungsstufe. Am Ende der Klasse 6 wird dann festgestellt, ob ein Kind das Potenzial für die gewählte Schulform hat - oder ob es unter- bzw. überfordert ist. Unter Umständen muss das Kind dann zu einer anderen Schule wechseln.

Wie viele Wochenstunden haben die Kinder in der fünften Klasse?

In der NRW-Ausbildungsordnung ist ein Wochenstundenrahmen festgesetzt, der je nach Schulform variiert. Haupt- und Realschüler der Klasse 5 kommen so auf 28 bis 31 Wochenstunden, Gesamtschüler auf 29 bis 31 Stunden in der Woche. Für Fünftklässler eines Gymnasiums sind 30 bis 32 Wochenstunden vorgesehen.

Wie viele Fremdsprachen müssen Kinder an der weiterführenden Schule lernen?

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An allen Schulen ist Englisch Pflicht.
An Hauptschulen ist Englisch einzige Pflichtsprache. Im Rahmen eines Schulversuchs, der im Schuljahr 2009/2010 gestartet ist, werden an einigen Hauptschulen aber auch eine zusätzliche Fremdsprache angeboten, z.B. Französisch, Italienisch, Türkisch oder Russisch.
An der Realschule muss zwingend ab Klasse 6 eine zusätzliche Fremdsprache gewählt werden (meist Französisch). Mit Eintritt in die Klasse 7 kann diese aber wieder abgewählt werden; sprachinteressierte Schüler können ab der achten Klasse eine dritte Fremdsprache belegen, z.B. Spanisch.
Am Gymnasium kommt ab Klasse 6 eine weitere Fremdsprache hinzu - entweder eine moderne Fremdsprache (z.B. Französisch oder Spanisch) oder Latein. Wer will, kann ab der achten Klasse noch eine dritte Fremdsprache dazu wählen.
Sowohl an der Gesamtschule als auch an der Sekundarschule muss keine zweite Fremdsprache gewählt werden. Bei Interesse kann aber ab Klasse 6 eine zweite und ab Klasse 8 eine dritte Fremdsprache gewählt werden.

Ganztagsschule oder lieber Halbtagsschule? 

Inwieweit unterscheiden sich Ganztagsschulen von Halbtagsschulen?

Eine Schule gilt als Ganztagsschule, wenn sie an mindestens drei Tagen in der Woche Unterricht über jeweils sieben Zeitstunden anbietet - in der Regel von 8 bis 15 Uhr. Die Landesregierung baut nach eigenen Aussagen das Angebot der Ganztagsschulen Schritt für Schritt aus - sowohl quantitativ als auch qualitativ. Die aktuellste statistische Übersicht des Schulministeriums zeigt, dass fast alle Gesamt- und Sekundarschulen in NRW als Ganztagsbetrieb funktionieren (299 von 306 Gesamtschulen bzw. 108 von 109 Sekundarschulen).
Fast die Hälfte aller Hauptschulen (287 von 493) und rund ein Drittel der Förderschulen (231 von 647) sind Ganztagsschulen. Gymnasien und Realschulen werden größtenteils noch halbtags geführt: Nur rund 25 Prozent der Gymnasien und 23 Prozent der Realschulen werden als Ganztagsschule geführt.

Im Gegensatz zu Halbtagsschulen bieten Ganztagsschulen zur Mittagszeit eine 60-minütige Pause an, in der die Schüler gemeinsam essen können. Für die Stunden am Nachmittag gibt es Hausaufgabenbetreuung und Förderunterricht, sowohl für begabte als auch für lernschwache Schüler. Auch Entspannungskurse oder kreatives Arbeiten wie Kunst, Tanz oder Musik gehören dazu.

Wer muss die Fahrkarte zur Schule bezahlen?

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Ab der weiterführenden Schule gilt: Wenn der Schulweg länger als 3,5 Kilometer ist, können Eltern einen Antrag auf Erstattung der Fahrkosten stellen. Der Schulträger entscheidet dann über die wirtschaftlichste Beförderungsart - in der Regel ist das die Beförderung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wenn die Schülerkarte auch außerhalb der Schulzeit für Bus und Bahn genutzt wird, kann der Schulträger auch einen Eigenanteil von den Eltern verlangen. Besuchen mehrere minderjährige Kinder einer Familie eine Schule, können laut Schulministerium höchstens für zwei dieser Kinder Eigenanteile erhoben werden (bis zu 12 Euro für das erste und bis zu 6 Euro für das zweite Kind).