Düsseldorf. Der Landesrechnungshof kritisiert, dass in NRW an vielen Gymnasien und Realschulen etliche Pflichtstunden gar nicht erst eingeplant werden.
Zahlreiche Gymnasien und Realschulen in NRW bieten vorgeschriebene Pflichtstunden gar nicht erst im Stundenplan an. Eine Prüfung des Landesrechnungshofs (LRH) ergab, dass 10 Prozent der Gymnasien und sogar 23 Prozent der Realschulen in den Klassen fünf bis zehn sogar „ganz erheblich“ von den Vorgaben abwichen.
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Im Jahresbericht 2015 wies LRH-Präsidentin Brigitte Mandt darauf hin, dass 59 der 508 Gymnasien im Laufe der sechsjährigen Sekundarstufe I um zehn oder mehr Stunden unterhalb der vorgeschriebenen Gesamtzahl von 163 Wochenstunden blieben. Bei den Realschulen waren dies sogar 118 der 507 untersuchten Schulen. Gerade 146 Gymnasien und 123 Realschulen erfüllten die volle Gesamtwochenstundenzahl.
Sogar 67 Prozent der Gymnasien und 76 Prozent der Realschulen verfehlten wenigstens in einem der sechs Jahre die Pflichtstundenzahl. Der LRH appellierte an die Schulaufsicht, ein stärkeres Augenmerk auf die Einhaltung der Unterrichtsverpflichtung zu legen. Dies gelte umso mehr, als der Ausfall des im Stundenplan vorgesehenen Unterrichts dabei noch gar nicht berücksichtigt ist.
Ministerium schiebt Schuld auf Lehrerstellen
Das NRW-Schulministerium will die obere Schulaufsicht nun „explizit auf die Verbindlichkeit des Wochenstundenrahmens hinweisen“. Das Ministerium verwies auf falsche Berechnungen der Lehrerstellen in früheren Jahren. Inzwischen hat das Ministerium die bisherige Pflichtstundenzahl von 163 Gesamtwochenstunden auf einen flexiblen Wert von 158 bis 163 Stunden abgesenkt. Der LRH zweifelt aber, dass das noch mit den Vereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK) zur bundesweiten Anerkennung des Abiturs in Einklang steht.
Beispiele für Steuerverschwendung in NRW
Durch Misswirtschaft, mangelnde Kontrollen und Fehlsteuerungen werden in NRW jährlich Hunderte Millionen Euro Steuergeld vergeudet. In seinem Jahresbericht 2015 listet der Landesrechnungshof (LRH) zahlreiche Beispiele für den verschwenderischen Umgang mit öffentlichen Geldern auf.
Landesfinanzen und Steuern
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Hohe Steuereinnahmen und niedrige Zinsen wirken aus Sicht der LRH-Präsidentin Brigitte Mandt wie „Botox“ auf die Landesfinanzen – sie schönen kurzfristig die schlechte Finanzlage. NRW habe in den letzten Jahren viel Glück gehabt. Sinkende Einnahmen könnten das Erreichen der Schuldenbremse 2019 aber „deutlich erschweren“.
Investitionen
Die Investitionsquote im NRW-Haushalt lag 2014 mit 8,4 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Das gefährde die Zukunftsfähigkeit, weil die Infrastruktur Schaden nimmt.
Landespolizeiorchester NRW
Das Landespolizeiorchester ist mit 45 Musikern und 3,2 Millionen Euro zu teuer. Der LRH schlägt eine Reduzierung auf auf 13 bis 25 Musiker auf den Rahmen einer Big-Band vor, weil andere Länder schlankere Orchester haben. Das NRW-Orchester hat allerdings jährlich über 140 Auftritte.
Erstattung Fahrgeld für Schwerbehinderte
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Für die unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen kassieren die Verkehrsunternehmen in NRW jährlich rund 100 Millionen Euro. Der LRH fordert, die „manipulierbare“ Zählung durch den ÖPNV durch unabhängige Dritte kontrollieren zu lassen. Während das Land von 3,8 Prozent Fahrgeldausfällen ausgeht, berechnen Unternehmen einen Anteil der Schwerbehinderten in Bus und Bahn zwischen 4,5 und 12 Prozent. Eine erste Prüfung durch das Sozialministerium 2012 erbrachte für ein Jahr bereits eine Ersparnis von 15 Millionen Euro.
Förderung von Häuslebauern
Der LRH kritisiert, dass bei der sozialen Wohneigentumsförderung nicht ausreichend geprüft wird, ob der Häuslebauer nicht bereits angemessen mit Wohnraum versorgt ist oder über hohes Vermögen verfügt. In einem Fall besaß der Antragsteller über fast 90 Prozent des benötigten Kapitals für das Objekt. Mehr als die Hälfte der Bewilligungsbehörden hat keine Obergrenzen für die Gesamtkosten des zu fördernden Objekts festgelegt.
Leistungsprämien an Hochschulen
Gesetzlich definierte Höchstgrenzen für Leistungsprämien an Hochschulen für Beamte und Tarifbeschäftigte wurden teilweise überschritten und Zulagen „aus sachfremden Gründen gezahlt“. Der LRH fordert deshalb verbindliche Regelungen – bis dahin sollen Hochschulen auf die Anwendung der leistungsorientierten Bezahlung verzichten.
Vernichtung von Akten in Justiz
Die Vernichtung von Akten in der Justiz durch eigenes Personal ist aus Sicht des LRH zu teuer. Deshalb haben die Prüfer das Ministerium aufgefordert, ein landesweit zentrales Verfahren zur Vernichtung durch Dritte zu prüfen. Das Justizministerium sucht inzwischen mit dem Innenministerium Wege für eine ressortübergreifende Vergabe der Entsorgung.
Finanzaufsicht in Spielbanken
Die Einnahmen der NRW-Spielbanken sind von 2004 bis 2013 von 125 Millionen auf 29 Millionen Euro gesunken. Trotzdem setzt die Finanzverwaltung fast 100 Bedienstete zur Überwachung des Spielbetriebs ein – Kosten: Jährlich sechs Millionen Euro. Der LRH hält eine schrittweise Absenkung des Personalbestands für sinnvoll.
Universitätsklinik Essen
Für den Bau des 25,7 Millionen Euro teuren Forschungsgebäudes für Klinische Medizin an der Universitätsklinik Essen finanzierte das Land einen Zuschuss von 5,4 Millionen Euro zur Ersteinrichtung. Der LRH stellte eine Reihe von Verstößen gegen das Vergaberecht fest. Außerdem wurden durch fehlerhafte Berechnungen 615.000 Euro zu hohe Kosten genehmigt. Der LRH forderte die Rückerstattung von Zuschussmitteln.
Wilfied Goebels