Essen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft in NRW kritisiert grobe Mängel in der Ausbildung für den gehobenen Polizeidienst: In den ersten Klausurrunden des neuen Bachelor-Studiengangs fielen 200 der 1100 Studierenden durch. 30 scheiterten erneut und werden nun entlassen. Sie fehlen den Dienststellen.
„Wir wissen nicht, was die Ursache für die schlechten Ergebnisse sind”, sagte Erich Rettinghaus, Mitglied des Landesvorstandes der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), der WAZ-Gruppe. In den ersten Klausurrunden des neu geschaffenen Bachelor-Studiengangs für den gehobenen Polizeidienst fielen 200 der 1100 Studierenden durch. In einem Krisentreffen zwischen Gewerkschaften und Ausbildungsleitern soll in den kommenden Wochen nach Lösungen gesucht werden. Gleichzeitig beklagt die Gewerkschaft eine Blockadehaltung im Innenministerium.
Das dreijährige Bachelor-Studium, das von der Polizei in Nordrhein-Westfalen seit September vergangenen Jahres angeboten wird und mit rund 1000 Euro im Monat vergütet wird, gilt eigentlich europaweit als vorbildlich. Nach erfolgreichem Abschluss wird die Übernahme in den gehobenen Dienst garantiert. Einstiegsgehalt für einen Polizeikommissar (24 Jahre, ledig): 1800 Euro netto.
"Sie fehlen den Dienststellen"
Doch offenbar läuft bei der Vermittlung der Lerninhalte etwas schief: „Wir rätseln, ob es an den Lehrern liegt, an dem komprimierten Lernplan oder am Leistungswillen der Studierenden”, sagt Rettinghaus. Eine derart hohe Durchfallquote aber könne sich NRW nicht leisten. Rettinghaus: „Diejenigen, die nun gehen müssen, sind bereits fest eingeplant. Sie fehlen den Dienststellen.”
Der DPolG-Landesverband will nun die Notbremse ziehen. Vor der Ausbildung für den gehobenen Dienst sollen die Anwärter besser qualifiziert und motiviert werden. Der Vorschlag der Gewerkschaft: An ausgewählten Berufsfachschulen soll in NRW ein neuer Bildungsgang „Polizeidienst und Verwaltung” eingerichtet werden, inklusive Fachpraktika in Polizeipräsidien. Das Ziel: Insbesondere Realschüler, lange Zeit die Gruppe mit dem höchsten Rekrutierungspotenzial, könnten so frühzeitig und besser auf den gehobenen Polizeidienst vorbereitet werden.
Im Visier: Schulabgänger mit Migrationshintergrund
„In zwei Jahren werden die Schüler nicht nur zur Fachholschulreife geführt, sondern haben gleichzeitig eine berufliche Grundqualifikation”, sagt Rettinghaus. Er verweist auf Rheinland-Pfalz, das diesen Bildungsgang bereits eingerichtet hat und gute Erfahrungen gemacht habe. In NRW könnte ein Pilotprojekt im Duisburger Norden, am Kaufmännischen Berufskolleg Walter Rathenau in Hamborn starten, schlägt die Gewerkschaft vor. Der Hintergedanke: „Wir wollen insbesondere Schulabgänger mit Migrationshintergrund für den Polizeidienst gewinnen. Für die Verwurzelung in der Bevölkerung wird dies immer wichtiger.”
Doch die Gewerkschafts-Vorschläge stoßen im Innenministerium auf wenig Gegenliebe. „Es gibt ausreichend qualifizierte Bewerber”, sagte ein Sprecher. „Und derzeit ist kein Trend zu erkennen, dass sich das ändert.” Ein Bildungsgang, der Realschüler für den Polizeiberuf qualifiziere, sei verfehlt: „Es kann nicht Aufgabe der Polizei sein, Schüler zur Fachhochschulreife zu führen. Das muss die Schule leisten.”