Berlin/Bonn. Die Studentenproteste an deutschen Universitäten weiten sich aus. Inzwischen seien Hörsäle an mehr als 50 Standorten besetzt, meldete der Studentische Dachverband fzs. Der Streik in Bielefeld hingegen wurde heute Morgen beendet.

Die Studentenproteste gegen Studiengebühren und -bedingungen an Hochschulen in Deutschland breiten sich weiter aus. Mittlerweile seien Hörsäle an mehr als 50 Hochschulstandorten besetzt, teilte der Studentische Dachverband fzs am Freitag in Berlin mit. Weitere Proteste seien in der Planung. Auch in Österreich setzten die Studenten ihre Protestaktionen fort.

Konzeptlose Programme statt Bildungspolitik

Nachdem im Sommer während des sogenannten Bildungsstreiks rund 250 000 Studenten und Schüler auf die Straße gegangen seien, habe sich in der Bildungspolitik trotz vieler Versprechen nichts getan, kritisierte fzs-Vorstandsmitglied Anja Gadow. «Die Parteien stückeln konzeptlos einzelne Programme und Gesetze zusammen und nennen das Bildungspolitik. Weder auf Bundesebene noch in den Bundesländern wurden bisher Verbesserungen im Bildungsbereich vorgenommen», sagte sie.

Angesichts der bundesweiten Studenten-Proteste hat die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Margret Wintermantel, die Studierenden zur Dialogbereitschaft aufgefordert. «Die Sympathien sind auf Seite der Protestierenden, solange sie vernünftige Formen des Protests wählen und sachlich argumentieren», erklärte Wintermantel am Freitag in Bonn. Frontalangriffe auf die Professorenschaft und «ideologisch gefärbte Thesen» wie der Vorwurf der Ökonomisierung der Hochschulen machten hingegen unglaubwürdig. «Wir wünschen uns einen offenen Dialog in den Hochschulen und in den Foren der HRK», unterstrich Wintermantel.

Politisches Handeln gefordert

Die HRK-Präsidentin nannte es «richtig, dass die Studierenden sich zu Wort melden und deutlich machen, dass ihre Studienbedingungen besser werden müssen und mehr für ihre soziale Sicherung getan werden muss». Die Proteste wertete sie als «deutlichen Indikator dafür, dass politisches Handeln gefordert ist». «Wir brauchen mehr Personal in der Lehre, um die Qualität des Studiums zu halten und zu verbessern.»

Zugleich sei anzuerkennen, dass die Politik gerade in den vergangenen Wochen «wichtige Voraussetzungen zugunsten der Bildung und damit auch von Verbesserungen der Studienbedingungen» geschaffen habe. Es gebe «unbestritten an etlichen Stellen Nachbesserungsbedarf bei der Studienreform», fügte Wintermantel hinzu. «Das sollten alle Beteiligten gemeinsam angehen.»

Proteste auch an der RWTH Aachen

Die Besetzung des Audimax der Universität Bielefeld ist am frühen Freitagmorgen beendet worden. Die Besetzerinnen und Besetzer hätten den größten Hörsaal der Universität im Laufe der Nacht freiwillig verlassen, teilte die Hochschule mit. Das Rektorat nehme die Anliegen der Studenten sehr ernst und wolle den begonnenen Diskussionsprozess intensivieren.

In Aachen besetzten protestierende Studenten am Donnerstagabend einen Hörsaal der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH). Wie eine Sprecherin der Hochschule mitteilte, hatten sich die Studenten nach dem Ende einer Diskussionsveranstaltung geweigert, den Hörsaal zu verlassen. Derzeit hielten zwischen 30 und 60 Studenten die Räumlichkeit besetzt. Rektor Ernst Schmachtenberg traf sich am Freitag zu einem Gespräch mit den Studenten. Drei Lehrveranstaltungen mussten abgesagt werden. Die Uni-Leitung appellierte an die Studenten, die Besetzung zu beenden. Derzeit plane man jedoch keine Räumung durch die Polizei, sagte die Sprecherin. (ddp/afp)