Düsseldorf. Lockerungen vertagt: Zum Verdruss der FDP hält NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) an seiner strikten Linie fest. Fragen und Antworten.
Zwischen Karnevalsgipfel, Koalitionsknatsch und Corona-Unwägbarkeiten hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstagnachmittag (8.2.) seine nächste Schutzverordnung präsentiert, die an diesem Mittwoch in Kraft tritt.
Wie ist die Corona-Lage in NRW?
Die Kliniken in NRW verzeichnen zurzeit einen leichten Anstieg an Corona-Patienten: 4813 Patienten liegen inzwischen (Stand 9. Februar) auf den Stationen, von denen jedoch mutmaßlich etliche wegen anderer Erkrankungen eingeliefert werden mussten und dort positiv getestet wurden. Bei über 100.000 Krankenhausbetten im Land sei dies „eine Situation, die ich für beherrschbar halte“, sagte Laumann. Allerdings müsse man die corona-bedingten Personalausfälle im medizinisch-pflegerischen Bereich im Blick behalten. Der Höhepunkt der Belastungen in den Krankenhäusern könne noch nicht exakt vorausgesagt werden.
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Welche Corona-Maßnahmen gelten in NRW ab sofort?
Die an diesem Mittwoch auslaufende Corona-Schutzverordnung des Landes wird um die üblichen vier Wochen ohne wesentliche Lockerungen verlängert. Erst nach der nächsten Ministerpräsidenten-Konferenz Mitte der kommenden Woche soll das Infektionsgeschehen neu bewertet werden. „Wenn die Lage in den Krankenhäusern bis dahin weiter stabil ist und sich vielleicht die Anzeichen für eine Überschreitung des Infektionshöhepunkts verstärken, werden auch wir in Nordrhein-Westfalen den Weg in Richtung Lockerungen gehen“, versprach Laumann.
Wird gar nicht gelockert?
Doch. Im Einzelhandel bleibt es zwar bei 2G, die Geschäftsinhaber müssen jedoch keine Zugangskontrollen mehr machen. Es reichen ab sofort Stichproben, ob die Kunden wirklich allesamt geimpft oder genesen sind. Jugendliche bis 18 Jahre werden bei den 2G-Regeln insbesondere im Sport mit Geimpften gleichgestellt, sofern sie noch die Schule besuchen und damit als getestet gelten. Jugendarbeit wird grundsätzlich wieder auch für bloß Getestete geöffnet. Das galt bislang nur für besondere Angebote der Jugendsozialarbeit.
Gibt es Koalitionsstreit zwischen CDU und FDP?
Bei den Corona-Gesprächen soll es zumindest frostig zugegangen sein. Die FDP kämpft vor allem für ein Ende von 2G im Handel und die Abschaffung der Testpflicht in der Gastronomie. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) als selbsternannter Kapitän im immer kleiner werdenden „Team Vorsicht“ ließ den Koalitionspartner jedoch abtropfen. Dabei waren in mehreren Bundesländern 2G-Regeln im Einzelhandel bereits wegen Rechtsfehlern gerichtlich gekippt worden. Andere Länder wollen sie noch in dieser Woche aufheben. NRW, Thüringen und Sachsen-Anhalt sind damit die letzten Bundesländer, die an 2G im Handel festhalten.
Wie darf Karneval gefeiert werden?
Die Landesregierung appellierte an alle Karnevalisten, in diesem Jahr erneut auf große Feiern zu verzichten. Für geimpfte Jecken, die recht gut vor einer schweren Corona-Erkrankung geschützt sind, hält man ein komplettes Feierverbot jedoch für rechtlich nicht umsetzbar. Deshalb sollen die Kommunen an beliebten Plätzen im öffentlichen Raum „gesicherte Brauchtumszonen“ ausweisen. Dort dürfen keine Festbühnen oder Umzüge als zusätzliche Publikumsmagneten dienen. Essen und Trinken ist aber erlaubt. Es gilt die 2G-Regel, die von den Ordnungsämtern entweder mit Zugangskontrollen oder per Stichproben kontrolliert werden muss. Bei Karnevalsveranstaltungen im Innenraum gilt 2Gplus.
Was sagt die Opposition?
Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer warnte die Landesregierung davor, dass ihr die Lage an den Karnevalstagen wieder wie zum Sessionsauftakt in Köln entgleiten könnte: „Es darf nicht noch einmal ein Desaster geben wie beim 11.11.“ Damals hatten Bilder von feiernden Massen bundesweit für Entsetzen gesorgt und Wüsts strenge Linie konterkariert. In der Debatte um die einrichtungsbezogene Impfpflicht und die Corona-Maßnahmen warfen die Grünen dem Ministerpräsidenten Führungsschwäche vor. Wüst inszeniere sich „als Macher“, könne die Unionsländer jedoch nicht auf eine einheitliche Corona-Linie bringen, kritisierte Schäffer.
Steht die Einführung der allgemeinen Impfpflicht auf der Kippe?
Trotz der Umsetzungsprobleme bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ab 15. März will die Landesregierung an einer allgemeinen Impfpflicht festhalten, betonte Laumann. Wenn konkrete Gesetzesvorschläge der Ampel-Koalition vorlägen, müsse man sich die Praxistauglichkeit allerdings noch genauer anschauen. „Da ist mein Blick jetzt sehr geschärft“, sagte Laumann.