Düsseldorf. Noten jetzt auch beim Lernen auf Distanz; Computer für alle Lehrer und viele Schüler: Das neue Schuljahr wird viel digitaler als das alte.

Wenn im neuen Schuljahr aufgrund einer Pandemielage der reguläre Unterricht in Schulen unmöglich sein sollte, dann werden die Leistungen, die die Schüler daheim erbringen, benotet. „Wir treffen Vorsorge: Distanzunterricht gilt als tatsächlich erteilter Unterricht und ist gleichwertig mit dem Präsenzunterricht“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) bei der Vorstellung ihrer Pläne für die Digitalisierung der Schulen. Distanzunterricht könne, müsse aber nicht digital sein, so die Ministerin. Die Regelung ist zunächst auf ein Jahr befristet.

Gebauer bestätigte auch, dass die Regierung offenbar zum Schuljahresbeginn groß angelegte Coronatests in Schulen und Kitas plant. Noch in dieser Woche beraten sich dazu mehrere Ministerien. Die Risiken durch Urlaubsrückkehrer machten es notwendig, darüber nachzudenken, in welchen Abständen Lehrer und Erzieher getestet werden sollten.

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Im alten Schuljahr war das Lernen daheim noch ein Experimentierfeld ohne klare Regeln. Leistungen der Schüler im Distanzunterricht konnten bisher zwar zu einer Verbesserung der Bewertung des Sozialverhaltens, nicht aber zu schlechten Noten führen. Das ändert sich im kommenden Schuljahr.

Was plant NRW für den Unterricht auf Distanz?

Er wird, zumindest ein Schuljahr lang, „gleichwertig“ mit dem regulären Unterricht in der Klasse. Wenn also in einer Stadt oder einer Region Schulen nach einem Coronaausbruch vorübergehend geschlossen werden müssen, dann gilt das Lernen auf Distanz „wie tatsächlich erteilter Unterricht“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Die entsprechende Verordnung ist allerdings noch nicht in Kraft. Ein pädagogisches Konzept für diese Art des Unterrichts werde gerade erarbeitet. Noten werden dann auch verteilt. „Die Leistungsbewertung muss sich im Distanzunterricht widerspiegeln“, sagte Gebauer.

Elternvertreter hatten zuletzt vor Risiken und Nebenwirkungen dieser Benotung gewarnt. Denn die Lernvoraussetzungen daheim seien extrem unterschiedlich. Manche Eltern helfen den Kindern, andere müssten sich im Distanzunterricht „allein durchboxen“. Auch Bildungsforscher sagten, die Frage der Benotung dürfe beim Distanzlernen erst „ganz zuletzt“ gestellt werden.

Muss beim Distanzunterricht digitale Technik zum Einsatz kommen?

Nein. Die Lehrer müssen Rücksicht auf die technische Ausstattung der Schüler nehmen und dürfen nur Aufgaben stellen, die die Kinder und Jugendlichen auch erledigen können. Sollten noch nicht alle Schüler über „digitale Endgeräte“ verfügen, dann kann das „Lernen auf Distanz“ schwerlich digital sein. Selbst wenn die Ausstattung es hergibt, verpflichtet NRW die Schulen nicht zum digitalen Unterricht. Gerade in Grundschulen habe es sich bewährt, dass – ganz klassisch – Arbeitsblätter verteilt und wieder eingesammelt werden. Die technische Ausstattung dürfte sich aber in den kommenden Monaten deutlich verbessern. Mit Möglichkeiten bis zur Videokonferenz.

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Wer bekommt die Geräte?

Alle rund 200.000 Lehrer in NRW – egal, ob sie in Teilzeit oder Vollzeit arbeiten – erhalten aus einem öffentlichen Förderprogramm ein „digitales Endgerät“ (Stückpreis: 500 Euro). Dafür stehen rund 103 Millionen Euro bereit. Außerdem werden rund 356.000 Schüler aus sozial benachteiligten Familien die Möglichkeit bekommen, einen Schul-Computer auszuleihen. Das Land plant dafür 178 Millionen Euro ein. Die Schulen entscheiden, welches Kind tatsächlich diese Unterstützung braucht. Eine Leihgebühr dürfen sie nicht verlangen. Die Computer können natürlich auch im normalen Unterricht und nicht nur beim Distanzlernen wegen eines Lockdowns genutzt werden. Sie bleiben im Eigentum der Schule.

Um welche Geräte geht es?

Um Laptops oder Tablet-PC. Smartphones sollten von den Schulen ausdrücklich nicht angeschafft werden.

Wann stehen diese Geräte bereit?

„Es kann nicht sichergestellt werden, dass alle Geräte für Lehrer und Schüler schon zum Schuljahresbeginn vorhanden sind“, sagte Ministerin Gebauer. Schul-Staatssekretär Mathias Richter hofft auf eine breite Ausstattung zum Ende des Jahres. Dann endet auch das Förderprogramm. Die Geräte könnten aber von den Schulen schon jetzt angeschafft und nachträglich abgerechnet werden. Dies sollte sogar geschehen, betonte Gebauer. Die Kosten für alle Geräte, die seit dem Ende des regulären Unterrichts Mitte März von den Schulen angeschafft wurden, würden auf jeden Fall erstattet, versichert die Landesregierung.

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Warum gibt es keine einheitlichen Vorgaben zur Digitalisierung?

„Es wird kein NRW-Einheitsgerät geben“, sagte Staatssekretär Richter. Also keinen bestimmtes Laptop-Modell, das alle Schulen beziehungsweise die Schulträger im Land kaufen sollen. Solche Vorgaben machten angesichts der Vielfalt der Schullandschaft keinen Sinn, meint die Landesregierung. Die Schulen stünden bei der Digitalisierung ja nicht komplett am Anfang, sondern hätten unterschiedliche Medienkonzepte und technische Ausstattungen.

Welche Weichen werden noch gestellt für die Digitalisierung der Schulen?

Ein wichtiges Thema ist der Anschluss aller Schulen ans schnelle Internet, möglichst bis 2022. Bisher sind nur etwa 30 Prozent der Schulen so ausgestattet. Bei 65 Prozent der Schulen sei dies aber bereits beantragt oder schon bewilligt. Sieben Prozent sind bisher komplett außen vor.

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Inzwischen gibt es laut dem Schulministerium mehr als 1000 Schulen in NRW, die die digitale Lernplattform Logineo nutzen möchten. Ein Messenger-Dienst und ein Videokonferenz-Tool werden an Logineo angedockt.

Die 33 Praxis-Ausbildungszentren für angehende Lehrer erhalten schnelles WLAN und digitale Endgeräte.

Der Mittelabruf aus dem Digitalpakt des Bundes ist derzeit aus der Sicht von Experten noch nicht zufriedenstellend.

Wie bewertet die Opposition die Pläne?

„Konzeptlos“ nennt sie SPD-Schulexperte Jochen Ott. Die Verantwortung für die Anschaffung der digitalen Endgeräte und damit das finanzielle Risiko werde an die Kommunen abgeschoben und diese gegeneinander ausgespielt.