Düsseldorf. Kita-Mitarbeiter erhalten immer mehr Aufgaben. Eine Studie beschreibt zum Teil katastrophale Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen.
Die Kita-Mitarbeiter haben immer mehr Stress. Mehr Arbeit, gleicher Lohn – das führt bei vielen Erzieherinnen und Erziehern zu Unzufriedenheit, vor allem in NRW. Wie schlimm sie ihre Situation empfinden, geht aus einer Studie des Deutschen Kitaleitungskongresses (DKLK) hervor.
Demnach sind 75,5 Prozent der Erzieher unzufrieden mit der Verwendung des Geldes aus dem „Gute-Kita-Gesetz“ des Bundes. 87,8 Prozent der Befragten stellen der Politik ein schlechtes Zeugnis aus. Fehlende Wertschätzung, zu geringer Lohn und zu viele Überstunden aufgrund des großen Personalmangels gehören zu den Ursachen.
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Es sind zum Teil sehr intime Momente, die Barbara Nolte als langjährige Kita-Leiterin in Hövelhof im Kreis Paderborn mit den Eltern der Kinder erlebt, wenn sie sich zum Gespräch treffen. Fragen, die im Vertrauen gestellt und beantwortet werden. Und Fragen, für die sich die gelernte Erzieherin und Referentin beim Verband Bildung und Erziehung (VBE) Zeit nimmt – möglichst nicht nur eine Minute. Doch hier liegt auch schon das Problem: Denn in vielen Kitas in NRW fehlt diese Zeit für Eltern und Kindern. Der Personalmangel bringt die Mitarbeiter an ihre Grenzen. Ein Überblick über die Probleme im Kita-Alltag.
Der Personalmangel
Mehr als 90 Prozent der befragten Kitas haben in den letzten zwölf Monaten zeitweise mit zu wenig Personal gearbeitet. Nur acht Prozent der Befragten sind mit der Personalausstattung voll zufrieden. Die Situation könnte sich noch stark verschlimmern. Alleine für die Kindertagesbetreuung würden bis zum Jahr 2025 zusätzlich 310.000 Fachkräfte benötigt. Demgegenüber schließen aktuell aber nur 30.000 Erzieher jedes Jahr eine Ausbildung ab, so der VBE.
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Barbara Nolte und der Verband warnen: Die Mehrarbeit könne die Mitarbeiter kann krank machen und zur Vernachlässigung der Kindesaufsicht führen. „Die Politik missbraucht die Gesundheit der Erzieher, die diese Missstände seit Jahren teils über ihre Belastungsgrenzen hinaus aufzufangen versuchen“, kritisierte VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann, der seit Jahren eine Zunahme der Unzufriedenheit beobachtet – gerade bei jüngeren Kita-Mitarbeitern. „Wir müssen handeln, damit wir sie nicht durch Kündigung verlieren!“, fordert sein Kollege und VBE-Landesvorsitzender Stefan Behlau.
Die Perspektiven
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Die NRW-Landesregierung möchte flexiblere Öffnungszeiten in den Kitas. Behlau findet das einerseits gut, da viele Familien aufgrund ihrer Arbeitszeiten und Lebenssituationen auf diese besseren Angebote angewiesen seien. Aber er sieht dies auch kritisch, da flexible Arbeitszeiten einen höheren Zeitaufwand für die Erzieher bedeuteten. „Dafür benötigen die Kitas schlichtweg mehr Personal. Aber der Markt ist leergefegt. Personal und Qualität sollten vor der Flexibilität stehen.“ Und dafür sei eine gute Ausbildung wichtig. „Wir reden hier von einer frühkindlichen Bildungseinrichtung. Es wäre ein Fehler, wenn die Regierung jetzt, wie von ihr angekündigt, verstärkt auf den Seiteneinstieg oder auf verkürzte Ausbildung setzt. Denn: Wir wollen nicht nur Köpfe. Wir wollen Qualität“, so Behlau.
Das Gute-Kita-Gesetz
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Die Studie beleuchtet die Auswirkungen des „Gute-Kita-Gesetzes“ der Bundesregierung, das besonders bei den Erziehern in NRW für Skepsis sorgt. Sie sind bundesweit am unzufriedensten mit der geplanten Verwendung der Mittel. Bemängelt wird vor allem, dass die Mehrheit der Bundesländer das zusätzliche Geld für eine Reduzierung oder Abschaffung der Elternbeiträge verwenden möchte. „Natürlich sind wir in NRW dafür, dass die Bildung nicht vom Geldbeutel abhängig ist. Dennoch muss auch Geld in zusätzliches Personal fließen, und die Bezahlung der Erzieher muss stimmen, damit sich wieder mehr junge Menschen für diesen Beruf entscheiden“, so Behlau. Weniger als ein Viertel der Kita-Leitungen in Deutschland glaubt daran, dass das „Gute-Kita-Gesetz“ ihnen hilft.
Die fehlende Wertschätzung
Drei von vier Befragten leiden unter Vorurteilen der Gesellschaft. Zum Beispiel: „Erzieher spielen, basteln und betreuen die Kinder nur.“ Die Klage über fehlende Wertschätzung ist seit Jahren zu hören. Die Verfasser der Studie schlagen eine Image-Kampagne vor – auch für Männer und ausländische Fachkräfte. Noch immer sind fast alle Erzieher in Deutschland weiblich.