Essen. Wie viel Eltern für die Kinderbetreuung zahlen, hängt vom Wohnort ab. Ein Euro kann über erhebliche Mehrbelastung entscheiden. Ein Überblick.
Es sind nicht vielmehr als ein paar grüne Felder, welche die Kita „Guck Dock“ im Duisburger Süden und die Kita Angeraue im Düsseldorfer Norden trennen. Aber was die Kosten für die Kinderbetreuung angeht, liegt ein Graben zwischen den Kindergärten. Während die Eltern in Düsseldorf ihre Dreijährigen kostenlos in die Kita schicken dürfen, sind es in Duisburg über 300 Euro, die fällig werden können – wenn die Eltern über 75.000 Euro im Jahr verdienen.
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Vergleicht man andere Städte miteinander, sind die Unterschiede noch größer – besonders mit Blick auf die kostenintensivere Betreuung der Allerjüngsten. Während in Ennepetal um die 230 Euro bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren fällig werden, müssen Topverdiener in Kleve rund 970 Euro monatlich zahlen. In Mülheim und Waltrop liegt der Höchstbetrag für die 45-Stunden-Betreuung ebenfalls über 900 Euro.
Spielraum der Jugendämter
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Wie viel und ab wann Eltern zahlen müssen, hängt von ihrem Brutto-Haushaltseinkommen ab. Die Kommunen haben nicht nur hier viel Gestaltungsspielraum. Ob sie die Altersgrenze für die günstigere Betreuung älterer Kinder bei zwei oder drei Jahren setzten, ob sie beim Alter überhaupt einen Unterschied machen und ob sie Eltern, die mehr als 45 Stunden Betreuung pro Woche benötigen, zusätzlich belasten (in Datteln werden dann etwa 900 statt 750 Euro fällig) – all das ist den örtlichen Jugendämtern überlassen.
Neben Mülheim gibt es unter den Revierstädten in Gelsenkirchen, Hagen, Herne, Recklinghausen und Bochum überdurchschnittliche Höchstgebühren. Dort können auf Gutverdiener über 700 Euro pro Monat zukommen. In Herne, Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen, Herdecke oder Bottrop können schon in der untersten beitragspflichtigen Einkommensklasse über 100 Euro im Monat anfallen.
Wo Geringverdiener schnell zur Kasse gebeten werden
Die teuren Kommunen argumentieren, dass sie nur den Topverdienern viel wegnehmen – und es so zu einer „Beitragsfestsetzung nach tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen“ kommt, wie es aus Mülheim auf Anfrage heißt. Um „mehr Gerechtigkeit“ zu schaffen, habe man in Mülheim erst vor kurzem drei neue obere Einkommensgrenzen eingeführt – 125.000, 150.000 und 175.000 Euro.
Die meisten anderen Kommunen differenzieren in der Tat nur bis zu einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro, wie eine Auswertung der Redaktion zeigt. Allerdings werden in Mülheim auch Geringverdiener schneller zur Kasse gebeten: Schon ab 12.270 Euro müssen Eltern hier – je nach Kindesalter – rund 50 oder 30 Euro aufbringen. Eine geringere Untergrenze existiert sonst nirgends. Im Kreis Siegen-Wittgenstein, in Düsseldorf, Soest oder Iserlohn verlangen die Jugendämter dagegen überhaupt erst ab 30.000 Euro Beiträge.
Kleve: Über 1000 Euro ab dem kommenden Kita-Jahr
Dass dieser „Flickenteppich“ aufgerollt wird, ist nicht in Sicht. „Die Erhebung von Elternbeiträgen ist in allen Ländern ein Recht der kommunalen Selbstverwaltung“, sagt Ursula Krickl vom Städte- und Gemeindebund. Warum aber die großen Unterschiede? „Ob sich eine Kommune für eine günstige oder gar kostenlose Betreuung entscheidet, ist eine Frage der Prioritätensetzung“, so Krickl. „Wobei manche Kommunen aufgrund ihrer haushaltspolitischen Situation auch auf Beiträge angewiesen sind.“
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Dass die Elternbeiträge in klammen Regionen wie dem Ruhrgebiet gesenkt werden, scheint dabei wenig aussichtsreich. Im Vergleich zu 2018 zeigt sich, dass mehrere Kommunen ihre maximalen Kita-Gebühren weiter erhöht haben. Mancherorts haben die Stadt- oder Kreisräte gar eine automatische Erhöhung beschlossen – im Kreist Soest steigen die Gebühren jährlich um 1,5 Prozent. In Kleve wird der Maximalbetrag in der U2-Betreuung ab August erstmals 1000 Euro übersteigen.
Die Klever Verwaltung verteidigt die Beitragshöhe auf Anfrage mit dem Ziel, 13 Prozent der Kita-Betriebskosten mit den Beiträgen decken zu wollen. Allerdings würde Kleve selbst mit Erreichen dieses Ziels nicht den Wert erfüllen, mit dem das Land rechnet. Dort geht man davon aus, dass eine Stadt 19 Prozent der Betriebskosten durch Elternbeiträge erwirtschaften kann.
Starre Grenzen
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Eine landeseinheitliche Staffelung der Elternbeiträge, wie sie noch vor über zehn Jahren in NRW existierte, könnte sich an diesem 19-Prozent-Ziel orientieren – und in Augen des Steuerzahlerbundes NRW für mehr Gerechtigkeit sorgen. Allerdings, merkt Landesvereinschef Hans-Ulrich Liebern an, müsste eine einheitliche Stafflung auch die „Fallbeilregelung“ beenden: „Wenn Eltern eine Beitragsgrenze nur um einen Euro übersteigen, müssen sie bereits den ganzen Beitrag der nächsten Stufe zahlen. Da muss man mehr Flexibilität schaffen“, sagt Liebern und plädiert für eine gleitende Anpassung.
Wie das funktionieren kann, zeigt die Siegener Verwaltung: Dort werden die Beiträge fließend an das Einkommen angepasst. Im sauerländischen Sundern hat man ein bislang einmaliges System eingeführt, mit dem die Beitragshöhe für jeden Fall individuell berechnet wird. In Werdohl im Märkischen Kreis versucht man die Differenzierung auf andere Weise – dort gibt es ganze 32 Einkommensstufen.