Düsseldorf. Sachkosten falsch berechnet, Öffnungszeiten auf dem Rücken des Personals, Fachkräfte fehlen: Die Kita-Reform stellte sich dem Expertenurteil.
Personalnot und Finanzengpässe in den nordrhein-westfälischen Kindertagesstätten bleiben ein Riesenproblem der Landesregierung. Das ging am Montag aus einer großen Expertenanhörung im Landtag hervor, bei der mehr als 30 Sachverständige zu Wort kamen.
Land und Jugendhilfe stecken mit der Reform des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) vom Sommer 2020 an jährlich 750 Millionen Euro zusätzlich in das System der frühkindlichen Bildung. Zusammen mit Bundesmitteln sind es sogar 1,3 Milliarden Euro extra. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte vergangene Woche erklärt, der Fachkräftemangel sei das größte Problem, das System selbst jedoch finanziell „heute auskömmlich“.
Diese Einschätzung wird von vielen Experten jedoch nicht geteilt. So wurde am Montag kritisiert, dass das Land auch nach der Gesetzesreform bei einer Finanzierung der Kitas per „Kindpauschale“ bleiben will, die alle Personal- und Sachkosten abdecken soll. Je nach gebuchter Wochenbetreuungszeit, Alter des Kindes und Gruppentyp müssen die Kitas mit neun verschiedenen Kindpauschalen hantieren.
Randzeiten- und Ferienbetreuung bringt die Kitas in die Klemme
Es wird zwar ein Index zur regelmäßigen Anpassung der Mittel eingeführt, damit die tatsächliche Entwicklung der Personal- und Sachkosten erstmals abgebildet wird. Doch vor allem Kirchen und Wohlfahrtsverbände, die zwei Drittel der rund 10.000 Kitas in NRW betreiben, zweifeln an der Auskömmlichkeit der Pauschale. Angesichts des erheblichen Investitionsstaus in vielen Einrichtungen werde das Personalbudget anderweitig aufgezehrt. Es bestehe bei den Sachkosten „ein Defizit von 570 Millionen Euro“, rechnete die Freie Wohlfahrtspflege vor. Die Landschaftsverbände warben für eine „Sockelfinanzierung“ des Landes, um die Planbarkeit in den Kitas zu erhöhen.
Zentrales Problem bleibt überdies der Personalmangel in vielen Einrichtung. Völlig unklar ist, wo Erzieher für die politisch beschlossenen zusätzlichen 37.000 Betreuungsplätze ab dem kommenden Sommer herkommen sollen. Schon heute wird von der Bertelsmann-Stiftung beklagt, „dass in keiner der in NRW empirisch vorfindbaren Gruppenformen Personalschlüssel bestehen, die wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen“. Das Land versucht, mit der Förderung einer vergüteten praxisintegrierten Ausbildung mehr Nachwuchs für den Erzieherberuf zu gewinnen.
Verschärft wird das Personalproblem offenbar durch das Vorhaben der Landesregierung, Kitas in den Tagesrandzeiten länger zu öffnen und in den Ferien kürzer zu schließen. Was Eltern freuen dürfte, bringt die Einrichtungen in Schieflage. Sie müssen zeitweise für weniger Kinder mehr Personal vorhalten, das dann auch noch außerhalb der Sommerferien Urlaubstage abbauen soll.