Washington. . US-Spezialeinsatzkommandos waren vor wenigen Wochen geheim in Syrien unterwegs, um amerikanische Geiseln zu befreien. Die Mission war erfolglos: Das Militär konnte die Hinrichtung des Reporters James Foley nicht verhindern. Nun wächst der Druck auf Präsident Obama, vehementer gegen die IS-Terroristen vorzugehen.
Temperierte Worte, auch in der größten emotionalen Aufwallung, sind Barack Obamas Markenzeichen. Umso mehr fällt die Drastik auf, mit der Amerikas Präsident die jüngste Provokation des Terrornetzwerks „Islamischer Staat“ - die Hinrichtung des US-Reporters James Foley - quittierte. Er verglich die Bewegung mit einem „Krebs“, der „entfernt werden müsse“.
Eine martialische Diktion, die an die Vorgänger-Regierung Bush/Cheney/Rumsfeld erinnert, als die Welt in Achsen des Bösen (oder Guten) aufgeteilt war. IS-Dschihadisten hätten „keinen Platz im 21. Jahrhundert“, sagte Obama. „Unnachgiebig“ und „wachsam“ werde Amerika die Gruppe verfolgen und zur Rechenschaft ziehen.
Im Falle James Foleys hätte das Schlimmste womöglich verhindert werden können. Vor wenigen Wochen versuchten US-Spezialeinsatzkommandos im Norden Syriens die Befreiung Foleys und anderer Geiseln während einer geheimen Kommando-Aktion. Das bestätigten überraschend Pentagon und Weißes Haus. Vor Ort erwies sich die vorher geleistete Arbeit der Nachrichtendienste offenbar als zu schlecht - keine Spur von den Geiseln, die Elite-Einheiten kehrten mit leeren Händen zurück.
Weil die USA, anders als manche europäischen Länder, aus Prinzip kein Lösegeld an islamistische Netzwerke zahlen (im Falle Foleys waren laut „New York Times“ 100 Millionen Dollar gefordert worden), schied auch diese Möglichkeit aus, das Leben des Reporters zu retten.
IS-Terroristen halten weitere Amerikaner als Geiseln - Druck auf Obama wächst
Für Obama eine mehr als heikle Lage. Weil das IS-Netzwerk weitere 20 ausländische Journalisten als Geiseln hält, darunter vier Amerikaner, und ebenfalls deren Tötung angedroht hat, wächst der Druck auf das Weiße Haus. Wer sonst soll die Schutzfunktion für in Not geratene amerikanische Staatsbürger ausüben? Republikaner drängen den allzu zögerlich geltenden Commander-in-Chief zu einer „unmissverständlichen Antwort an die Adresse der Terroristen“. Wohl auch darum die harsche Sprache, die der Präsident zum Fall „Islamischer Staat“ benutzte.
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Allein, was sich bei Obama wie eine General-Kampfansage an die Kalifats-Gründer um IS-Anführer Bagdadi anhörte, ist vom militärischen Auftreten nicht gedeckt. Der Präsident macht bisher keine Anstalten, die Luftangriffe gegen IS-Stellungen im Nord-Irak auszuweiten oder das Netzwerk komplett zu vernichten. Dazu wäre nach Ansicht von Militär-Experten in Washington der Einsatz von nennenswerten Bodentruppen unumgänglich. Genau das, was Obama zuletzt immer wieder ausgeschlossen hatte, damit Amerika nicht erneut in einen langwierigen Krieg hineingezogen wird.
Terror-Gipfel am Rande der UN-Vollversammlung im Dezember geplant
„Die Haltbarkeit dieses Versprechens läuft aus“, glaubt ein Terrorismus-Experte des liberalen Cato-Instituts, „die öffentliche Meinung in den USA kippt schleichend.“ Entscheidender Faktor: Dass in Syrien - neben Hunderten Europäern - auch Dutzende radikalisierte amerikanische Muslime den „Gotteskrieg“ kämpfen und im Überlebensfall nach ihrer Rückkehr den Terror aufs amerikanische Festland tragen könnten, ist nach dem 11. September 2001 „die Horror-Vorstellung pur“, so das Magazin Forein Policy.
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Obama will der Gefahr nicht im Alleingang begegnen. Am Rande der UN-Vollversammlung in New York im September soll es unter Beteiligung von Russland, Großbritannien, Frankreich, China und den USA zu einem Terror-Gipfel kommen. (dpa)