Berlin. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch erneut über das Thema Steuerflucht debattiert. Die Regierung hat die Rechtsverordnung zum neuen Gesetz gegen Steuerhinterziehung im Ausland gebilligt. Für welche Länder die Sanktionen gelten, ist hingegen noch offen.

Die Bundesregierung hat am Mittwoch die Rechtsverordnung zum neuen Gesetz gegen Steuerhinterziehung im Ausland gebilligt. Den Bürger treffen demnach erweiterte Nachweispflichten, wenn sie Geschäfte in international geächteten Steueroasen machen oder dort Geld anlegen. Für welche Länder die Sanktionen konkret gelten, hat die Regierung noch nicht festgelegt. Finanzminister Peer Steinbrück sagte, die Liste der Staaten werde «ohne schuldhaftes Zögern» aufgestellt.

Der stellvertretende SPD-Chef betonte, Steuerhinterziehung sei kein Bagatelldelikt. Der jährliche Schaden für den deutschen Fiskus betrage Schätzungen zufolge mindestens 100 Milliarden Euro. Mit dem Geld könnten notwendige Investitionen etwa in Infrastruktur oder Bildung bezahlt werden oder aber sogar die Steuerlast insgesamt gesenkt werden.

Der Minister sagte, ihm gehe es nicht darum, Anlagen im Ausland zu bestrafen, sondern diese müssten ordnungsgemäß versteuert werden. Der Bundesrat soll der Verordnung am 19. September zustimmen.

"Kleine Minderheit verursacht enormen Schaden"

Steinbrück erklärte, die Verordnung sorge nun für mehr Gerechtigkeit und stärke das Vertrauen in staatliches Handeln. «Wer Steuern hinterzieht, schadet der Gesellschaft. Eine kleine Minderheit verursacht hier einen enormen Schaden für die große Mehrheit.»

Laut dem Entwurf werden nun auch das Auswärtige Amt und das Wirtschaftsministerium mitentscheiden, bei welchen Ländern das Gesetz greift. Steinbrück hatte zunächst geplant, die Länder mit einem einfachen Verwaltungsschreiben selbst zu bestimmen. Staaten oder Gebiete werden aber erst dann in ein solches Schreiben aufgenommen, wenn sie keinen Auskunftsaustausch nach OECD-Standard ermöglichen und auch nach diplomatischen Verhandlungen eine Vereinbarung mit dem deutschen Staat verweigern.

Steinbrück lobte, dass seit der Veröffentlichung der OECD-Liste mit unkooperativen Staaten vor einigen Monaten rund 40 Länder dem OECD-Kodex beigetreten seien. Deshalb sei auch Deutschland in seinen bilateralen Verhandlungen gut vorangekommen.

Abkommen zum Datenaustausch gibt es nach Steinbrücks Angaben inzwischen mit Guernsey, Bermuda sowie der Isle of Man. Mit Gibraltar stehe sein Ministerium kurz vor dem Abschluss, ebenso mit den Cayman Islands. Mit anderen - wie den Niederländischen Antillen, den Bahamas und den britischen Jungferninseln - liefen aktuell noch Gespräche.

Verhandlungen mit der Schweiz noch diesen Monat

Mit der Schweiz sei der Start von Verhandlungen auf Arbeitsebene fest verabredet, sagte Steinbrück. «In diesem Monat werden sie anlaufen», sagte der Minister. Steinbrück hatte Ende Juni mit dem Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz vereinbart, Verhandlungen über ein neues Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu starten.

Merz, der zugleich für Finanzen zuständig ist, sagte damals, die Schweiz wolle die im März beschlossene Lockerung des Bankgeheimnisses rasch umsetzen, um die internationale Amtshilfe in Steuersachen zu verbessern. Bern erwarte dafür aber Gegenleistungen, etwa weniger Einschränkungen beim Marktzutritt für Schweizer Finanzinstitute in Deutschland sowie bei der Besteuerung von Schweizer Flugpersonal, das in der Bundesrepublik angestellt ist. Die Aussprache zwischen Merz und Steinbrück fand nach wiederholten Misstönen deftiger Attacken in punkto Steuerpolitik statt.

Weiter berichtete Steinbrück, mit Liechtenstein sei am 10. Juli ein Abkommen paraphiert worden, mit Luxemburg liefen Verhandlungen über Änderungen beim Doppelbesteuerungsabkommen. Steinbrück bilanzierte: «Daran können Sie sehen, dass es in den letzten Monaten deutlich Fortschritte gegeben hat.» (ap)