München. Im Herbst soll der Prozess gegen den Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber beginnen. Wie konnte ein einzelner Mensch solche Schmutzspuren hinterlassen? Die Geschichte eines Mannes, der auszog, andere das Fürchten zu lehren - und ein unsichtbares Imperium aufbaute.
Da hatten sich anscheinend zwei gefunden, Max Strauß, der Sohn des CSU-Säulenheiligen Franz Josef, und Karlheinz Schreiber. Wie sie gemeinsam in Mexiko auf Tour gingen, in den 80er Jahren, Strauß jr. und sein vom Vater empfohlener Geschäftsfreund aus Kaufering.
Erst viel später wusste man, dass das ungleiche Paar aufgebrochen war, um an einem ganz großen Rad mit Immobilien und Öl zu drehen. Und dass die Deals, die Schreiber einfädelte, für die Familie Strauß in einem finanziellen Fiasko endeten.
Eine Freundschaft mit existenziellen Folgen
Für Max Strauß hatte die Freundschaft mit Schreiber existenzielle Konsequenzen. Viele Jahre später, in einem Strafprozess vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts in Augsburg, wurde er wegen Betrugs und Steuerhinterziehung in Millionenhöhe angeklagt.
Schreiber war da längst über alle Berge, nämlich in Kanada. Erst im Berufungsverfahren wurde die Freiheitsstrafe gegen Strauß aufgehoben, mangels Beweisen. Es ging damals um ein Notizbuch Schreibers, das vollgeschrieben war mit hohen Summen und verschlüsselten Namen.
Wunschtraum der Ermittler
Den Posten für „Maxwell” hatten die Staatsanwälte Max Strauß zugeordnet. Aber es war eben nur ein Notizbuch und das genügte – Strauß' Glück – letztlich nicht.
Schon vor fünf Jahren stand der Rüstungslobbyist Schreiber auf der internationalen Fahndungsliste, seine Präsenz hätte diesen Prozess sowie einige davor und danach für alle Beteiligten erleichtert. Dieser Wunsch blieb zehn Jahre ein Traum für die Ermittlungsbehörden, denn Schreiber war ja vor der Justiz geflüchtet. Durch klärende Worte hätte er sich selbst beschuldigt, weiß die Staatsanwaltschaft, immerhin hat sie Hunderte von Leitzordnern angesammelt. Sie besitzt schon lange das Netz, nur die Spinne fehlte.
Schreiber hinterließ Schmutzspuren
Nicht umsonst suchte der inzwischen 75-jährige Schreiber mit seiner Frau Barbara im März 1999 das Weite. Er hinterließ kräftige Schmutzspuren, die bis ins Kanzleramt reichten.
Des weiteren einen CDU-Parteispendenskandal, der Wolfgang Schäuble sein Amt als Partei- und Fraktionschef kostete, den obersten Verfassungsschützer Ludwig-Holger Pfahls in die Flucht um den Erdball trieb, Helmut Kohl auf die Zeugenbank zwang und die Thyssen-Manager Maßmann und Hastert einer Verurteilung preisgab.
Wie beim "Who is who"
Eine lange Liste aus dem „Who is who”, lauter Leute, die einen Namen zu vergeben haben, standen in den letzten Jahren in Augsburg vor Gericht. Schreiber war nie dabei, aber immer anwesend.
Nun ist ihm der Haftbefehl eröffnet worden, frühestens im Herbst soll der Prozess beginnen, für den leitenden Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz das Verfahren seiner Laufbahn schlechthin.
Andere das Fürchten lehren
Man könnte also sagen, Schreiber hat viel bewegt. Mehr als Staub aufgewirbelt. Ein Mann, der als Sohn eines Polsterers im Harz auszog, um andere das Fürchten zu lehren.
Der von sich behauptete, er sei ein erstklassiges Verkaufstalent. Als er sich später im Voralpenland eine Firma namens Bituleit zulegte, CSU-Mitglied wurde und ganze Busladungen zu Wochenendausflügen einlud, Strauß auf der Jagd begleitete, war Schreibers Leben noch eines nach seinem Drehbuch.
Tarnkonten in der Schweiz
Schreiber eröffnete Tarnkonten in der Schweiz, baute ein unsichtbares Imperium auf, bestehend aus diversen Firmen mit Decknamen. Sein Rad brauchte eine geölte Maschine. Als die Saudis auf deutsche Spürpanzer scharf waren, spielte Schreiber den Mittelsmann. Nach Meinung der Ermittler gegen Bares.
Als der frühere kanadische Premier Brian Mulroney Airbus-Flugzeuge wollte, wandte er sich an Schreiber. So ging schweres Gerät ins Ausland und bei Schreiber sei immer großzügig etwas hängengeblieben.
Ein gerissener Typ
15 Millionen Euro – um diese Summe wird es im Strafprozess wegen Betrugs, Bestechung und Steuerhinterziehung gehen. Pfahls, im Prozess gegen Schreiber ein Zeuge, schilderte ihn als einen gerissenen Typen, der nicht mehr losließ, wenn er jemanden nach getaner Arbeit, sprich Schmiergeldzahlungen, an der Leine hatte.
Bevor Schreiber sein Fluchtland Kanada nach elf Ministerpetitionen, vier Einsprüchen vor dem Obersten Gerichtshof und fünf Widersprüchen bei einem Berufungsgericht verlassen musste, sagte er: „Wenn ich jetzt käme, wäre das großartig. Es gäbe eine riesige Untersuchung und alle ehemaligen Kanzler und Minister wären dabei.”