Berlin. Die Steuerflucht ins Ausland soll künftig deutlich schwerer werden. Das hat der Bundestag am Freitag beschlossen. Wer Geschäfte in international geächteten Steueroasen macht, muss dem Finanzamt künftig Rede und Antwort stehen. Steinbrück: Schwarze Liste der Steueroasen ist Erfolg.

Die Steuerflucht ins Ausland soll künftig deutlich schwerer werden. Der Bundestag hat am Freitag schärfere Regeln zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung beschlossen. Das neue Gesetz legt Bürgern erweiterte Informationspflichten auf, wenn sie Geschäfte in international geächteten Steueroasen machen. Macht der Steuerzahler nicht mit, kann ihm das Finanzamt in Deutschland Vergünstigungen streichen. Dazu zählen der Abzug seiner Betriebsausgaben und Werbungskosten, die Steuerbefreiung für Dividenden oder Entlastungen von der Kapitalertragsteuer.

"Steuerhinterziehung ist eine Form von Diebstahl"

Für die Koalition begründete der SPD-Abgeordnete Lothar Binding den Vorstoß mit den Worten: «Steuerhinterziehung ist eine Form von Diebstahl.» Mit dem Gesetz erhalte die Regierung nun einen guten «Instrumentenkasten» zur Verfolgung der Steuerflucht. Während «unkooperative Staaten» unter Druck gesetzt werden könnten, habe der einzelne Bürger die Möglichkeit, durch Kooperation mit den Finanzbehörden Nachteile in der Kapitalertrags- und Körperschaftssteuer abzumildern.

Finanzminister Peer Steinbrück lobte das Gesetz als Beitrag zu mehr Gerechtigkeit. Der stellvertretende SPD-Chef sagte in der Debatte: «Wer Steuern hinterzieht, schadet dem Gemeinwesen und verhöhnt den Rechtstaat.» Wenn alle Bürger vorschriftsmäßig ihre Steuern zahlten, könnten die Sätze sogar sinken und notwendige Ausgaben - etwa für Bildung - besser finanziert werden.

Der Minister betonte die Fortschritte im weltweiten Kampf gegen Steuerflucht und Steuerbetrug. Seit April hätten weitere 43 Staaten und Regionen angekündigt, die OECD-Standards in punkto Datenaustausch bei Steuersachen zu beachten. Damit habe die beim G-20-Gipfel in London veröffentlichte schwarze Liste nicht-kooperativer Steueroasen großen Erfolg gehabt.

Die CDU/CSU hatte die Pläne von Finanzminister Steinbrück lange blockiert. Vorgelegt wurde nun ein abgespecktes Gesetz, dass der Regierung lediglich erlaubt, mit Zustimmung des Bundesrates eine Rechtsverordnung zu erlassen.

Staat entgehen pro Jahr 100 Milliarden Euro

Die Liberalen bezeichneten das Gesetz als «ungeeignet» und «nicht angemessen». Die Steuerzahler würden mit zusätzlichen Informationspflichten belastet, sagte der FDP-Abgeordnete Volker Wissing. Auch hätten mittlerweile alle Staaten, die als Steueroasen auf eine sogenannte schwarze Liste gesetzt werden sollten, die Zusammenarbeit nach den OECD-Standards angeboten. «Damit läuft das Gesetz in die Leere.» Für Linke und Grüne kommt das Gesetz indes zu spät oder ist zu zahnlos.

Der deutsche Staat wird durch Steuerhinterziehung jährlich um schätzungsweise 100 Milliarden Euro betrogen, wie Steinbrück bei der ersten Lesung im Bundestag berichtet hatte. Weltweit betrage der Schaden sogar zwei bis zwölf Billionen Euro.

Der Deutsche Normenkontrollrat rechnet mit einer jährlichen Mehrbelastung für Unternehmen von insgesamt 130 000 Euro. Das Gremium rechnete auch den Zeitaufwand für den Steuerbürger aus. Bei gerade mal 500 Betroffenen wird danach mit einer Mehrbelastung von 113 Minuten gerechnet, weitere 10 000 Bürger hätten durch die zusätzliche Informationspflicht acht Minuten pro Fall aufzuwenden. (ap/ddp)