Moskau/Essen. . International wird darüber spekuliert, wer eine tödliche Rakete auf die Boeing 777 der Malaysia Airlines abgefeuert haben könnte. Russland hätte die technischen Voraussetzungen, ebenso die Ukraine. Ob die Separatisten mit dem kürzlich erbeuteten Flugabwehrsystem umgehen könnten, bezweifeln Experten. Vieles spricht für ein schreckliches Versehen.

Wer hat die Passagiermaschine abgeschossen? Nach dem ersten Schock über die Tragödie ist das die zentrale Frage. Vieles spricht für ein schreckliches Versehen.

Die Russen? Die waffentechnischen Möglichkeiten hätten sie. Die Regierung in Kiew erklärt, schon am Mittwoch habe ein russischer MiG-Jäger ein ukrainisches Kampfflugzeug abgeschossen. Zudem sei von russischen Territorium aus wiederholt mit schwerer Artillerie in den Bürgerkrieg eingegriffen worden. Beweise dafür fehlen. Kiew behauptet zudem, die Rebellen hätten im Juni kein funktionsfähiges Buk-Raketensystem erobert, die Spur führe also nach Russland.

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Starteten ukrainische Streitkräfte die Rakete? Kiew verfügt über moderne Flugabwehrsysteme, beteuert jedoch, keine Rakete zur fraglichen Zeit abgefeuert zu haben. Russische Medien verweisen aber auf den Absturz einer russischen Passagiermaschine über dem Schwarzen Meer im Oktober 2001: Ukrainische Raketentruppen hatten die Maschine während eines Manövers auf der Krim versehentlich abgeschossen, 88 Insassen kamen ums Leben. Hat die ukrainische Raketenartillerie die malaysische Boeing für ein russisches Spionageflugzeug gehalten?

Sind pro-russische Separatisten verantwortlich? Dafür spricht einiges. Seit Beginn der Kämpfe im April haben sie stark aufgerüstet: mit Panzern, schweren Geschützen und Grad-Raketenwerfern, die als Flächenvernichtungswaffen gelten. Auch ihre Flak ist immer schlagkräftiger geworden. Nur eine Stunde vor dem Absturz der Boeing meldeten die Separatisten den Abschuss eines ukrainischen Antonov-Transportflugzeugs. Bereits Anfang der Woche hatte ihre Luftabwehr eine An-76-Maschine aus 6000 Metern Höhe heruntergeholt. Das spricht nach Ansicht russischer Militärexperten dafür, dass die Rebellen doch über moderne Bodenluftraketen vom Typ „Buk“ (Buche) verfügen.

Komplizierte Technik

„Todesfinger“ nennen Militärexperten das russische Flugabwehrsystem Buk M1. Die Raketen werden von einer mobilen Abschussrampe abgefeuert. Das System besteht in der Regel aus drei Fahrzeugen: eines trägt die Raketen, eines transportiert das Radargerät, um mögliche Ziele auszumachen und ein drittes dient als Leitstand. Das Ziel wird von einem Radarstrahl anvisiert, dem die Rakete mit tödlicher Präzision folgt. Von der Zielerfassung bis zum Abfeuern vergehen nur 22 Sekunden.

Militärexperten weisen indes darauf hin, dass es ein sehr komplexes Waffensystem ist, für dessen Bedienung man trainiert und technisch geschult werden müsse. Es sei fraglich, ob Rebellen, die die Raketen erst kürzlich erbeutet haben, über diese Kenntnisse verfügten.