Amsterdam.. Sie wollten zu einer Konferenz oder einfach in den Urlaub: die Niederländer an Bord der über der Ostukraine abgeschossenen MH 017. Ganz Holland nimmt Anteil an diesen herzzerreißenden Schicksalen. Vor dem Flughafen in Shiphol legen Reisegäste Blumen nieder.

Jintje hatte sich so gefreut. „In einer Stunde sitze ich im Flugzeug”, jubelte die 15-Jährige am Donnerstagmorgen. Nun liegen Blumen vor ihrem weißen Haus in Neerkant, Provinz Brabant, und vor der Haustür sitzt mit hängendem Kopf ein grau-rosa Stoff-Elefant. Die Reise der sechsköpfigen Familie endete über der Ukraine, auf Flug MH17.

Es sind Sommerferien in den Niederlanden, was erklärt, warum so viele Familien in der Maschine saßen, die am Mittag von Amsterdam aus gestartet war. Jintje war die älteste unter vier Geschwistern, der jüngste Bruder gerade neun; die Großeltern, die während der Ferien auf das Haus aufpassen sollten, fuhren noch am Donnerstagabend Hals über Kopf zum Flughafen nach Amsterdam.

Aids-Aktivisten wollten zu Kongress

Eine Fußballer-Familie aus Hilversum, der Vater Trainer, der Sohn Spieler, war an Bord, Studenten aus Utrecht gingen auf Reisen, Fahrradtouristen aus Eindhoven, ein junges Pärchen aus Rozendaal. Willem Witteveen, Senatsmitglied der Arbeiterpartei, wollte mit Frau und Kind nach Kuala Lumpur. Und mehr als 100 Aids-Experten hatten sich auf den Weg zu einem Kongress in Australien gemacht, unter ihnen der über die niederländischen Grenzen hinaus bekannte Professor Joep Lange mit seiner Frau. Insgesamt sollen 189 Niederländer an Bord der Maschine gewesen sein.

Vor dem Blumenladen des Schlagzeugers Cor in Volendam liegen am Freitag Rosen, die jemand anderswo gekauft haben muss: Cor hat sein Geschäft geschlossen, bevor er mit seiner Freundin in den Urlaub ging; er wollte noch einmal ausspannen, bevor seine Band im Herbst eine Jubiläumstournee beginnen sollte.

Der Drummer war es, der kurz vor dem Abflug ein Foto der Unglücksmaschine ins Netz stellte, als die noch keine Unglücksmaschine war: „Sollte sie verschwinden, so sieht sie aus”, schrieb er dazu, ein Witz sollte das sein über den vermissten Flug MH 370. Am Morgen spielen sie im Radio ein Lied für ihn: „These Grey Skies”, Dieser graue Himmel. Cor selbst wird nie wieder auf der Bühne stehen.

Und Fan nie wieder am Herd. Der Chefkoch aus Rotterdam hatte zusammen mit seiner Frau und deren Mutter eingecheckt zu einem Besuch in der alten Heimat. Der einzige Sohn Kevin empfing am Donnerstagabend weinende Verwandte im elterlichen Restaurant „Dim Daily”. Er checkte als erstes die Reisepapiere von Mutter und Vater, die Flugnummer passt. Und sie gehen nicht ans Telefon. „Erst dachte ich noch, Falschmeldung”, sagt Kevin der Zeitung „Algemeen Dagblad”. Doch dann sah er die Bilder im Fernsehen und begriff: „Meine Eltern und Oma sind tot.” Der Sohn findet, er müsse stark bleiben, ein Freund weiß: „Aber von innen ist er kaputt.”

Wie wohl auch Kaylene aus Australien: Sie verlor an Bord der MH17 ihre Stieftochter und deren Mann. Dabei trauerte sie noch um ihren Bruder Rod: Der saß mit seiner Frau im Flieger MH370 -- der Maschine, die im März vom Himmel verschwunden ist.