Washington. . Schon der Kino-Film „Chinatown“ thematisierte sie: die Dürre. Jetzt hat sich das Problem im US-Staat Kalifornien dramatisch verschärft – so dramatisch, dass Wasser-Verschwendung demnächst mit drakonischen Strafen belegt wird.

Die Idylle trog bereits im letzten Winter. Eine Fahrt an den betörend schönen Lake Berryessa nördlich von San Francisco, ohne den im Napa Valley weder Merlot noch Zinfandel gedeihen würden, verriet auch dem Laien das Ausmaß der Katastrophe. Braunrot versengte und verdorrte Ufer erinnerten an Werke der Wüstenmalerin Georgia O’Keeffe; nicht an eine gesunde Dezember-Landschaft. „Wenn diese Dürre anhält und nichts geschieht, werden ganze Landstriche Kaliforniens einmal absterben wie eine Pflanze“, sagte der Ranger Jim McMahon damals den Besuchern aus Europa. Sechs Monate später ist die Wasserknappheit Tagesthema Nr. 1 im „Golden State“.

Mit Rationierungen und Sanktionen, die Kritiker an „sozialistische Systeme“ erinnern, will die Regierung von Gouverneur Jerry Brown 38 Millionen Einwohner zur Umkehr zwingen. Wer dabei erwischt wird, wie er ausgiebig Rasen oder Gehsteig sprengt, dem Cabrio vor der heimischen Garage eine Extra-Dusche gönnt, ohne am Schlauch eine regulierende Düse zu installieren, oder sonst wie Wasser vergeudet, muss ab August mit Geldstrafen von bis zu 500 Dollar rechnen. „Anders geht es nicht mehr“, erklärte die Vorsitzende der für die Wasservorräte zuständigen Landesbehörde, Felicia Marcus, „wir erleben gerade die schlimmste Dürre-Periode seit der Zeit unserer Großeltern.“

Eine Tasse Regen in drei Jahren

Das ist nicht übertrieben. Der Sänger Albert Hammond dichtete 1972, dass es im Süden Kaliforniens nie regnet. Unvollständig. Mittlerweile trocknet der gesamte Bundesstaat nach und nach aus. 40 Prozent des Landes werden bereits heute in der schlimmsten Dürre-Kategorie D 4 geführt. Es gibt Gegenden, etwa im landwirtschaftich geprägten San Joaquin Valley, wo es seit drei Jahren kaum mehr als eine Kaffeetasse voll geregnet hat. Weil schneearme Winter den Schmelzwasserabfluss aus den Bergen der Sierra Nevada drastisch verringert haben, sind die zentralen Wasser-Reservoire wie der Lake Mead südöstlich von Las Vegas auf Tiefstpegel gefallen. Der ökonomische Schaden ist gewaltig. Kalifornien ist Amerikas wichtigste Einzel-Volkswirtschaft.

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Nachdem 2013 das trockenste Jahr seit 1895 war, als zum ersten Mal Buch über die Niederschläge geführt wurde, rief Gouverneur Brown im Januar offiziell den Dürre-Notstand aus. Verbunden mit der eindringlichen Bitte an die Bevölkerung, sparsamer mit dem kostbaren Nass umzugehen. Der Appell, den individuellen Wasserverbrauch um 20 Prozent einzusparen, verpuffte. Von lokalen Ausnahmen abgesehen, schreibt die „Los Angeles Times“, stieg der Wasserverbrauch landesweit im Schnitt sogar um bis zu fünf Prozent an – obwohl Stadtverwaltungen bereits angewiesen sind, keine neuen Gärten und Parks anzulegen und entlang der Autobahnen auf Begrünung verzichtet wird.

Menschen verhalten sich nach Regeln der Überflussgesellschaft

Was fehlt, sagen Wissenschaftler der Universität von Santa Barbara, die das Konsumverhalten ihrer Landsleute untersuchen, ist die Einsicht, „dass wir uns dauerhaft in unserem Wasserverbrauch zurückhalten müssen“. Stattdessen regiert die Überflussgesellschaft. Kalifornier verbrauchen traditionell mehr Wasser außerhalb als in ihren vier Wänden. Den täglich 68 Gallonen (cirka 260 Liter), die amtlicherseits als Mindestbedarf für Zähneputzen, Duschen, Toilettenbenutzung und Kochen jedem statistisch zugestanden sind, setzen viele Hausbesitzer das ganze Jahr über Hunderte Liter obendrauf. Tausende private Swimmingpools und manikürte Rasen vor den Reihenhäusern der ausufernden Vororte, auf den Sprinkler und Zierfontänen voll aufgedreht sind, zeugen von der Verschwendungssucht.

Bald werden so genannte „drought officers“, Dürre-Polizisten, die im Auftrag der Behörden Wasser-Sündern nachspüren, erst ermahnen und im Wiederholungsfall das Bußgeld-Ticket zücken. Der Ausnahmezustand gilt für 270 Tage. Bleibt der Regen aus, womit viele Forscher rechnen, wird er verlängert. Durch die amtliche Wasserverbrauchsbremse sollen die zu neigenden gehenden Vorräte gestreckt werden. Für Jay Famiglietti, Professor an der Universität Irvine südlich von Los Angeles, der letzte Ausweg. „Stellen Sie sich einen Katastrophenfilm vor, in dem Millionen Menschen gesagt wird, dass sie nur noch für maximal 18 Monate Wasser haben. Wenn sich Süd-Kalifornien nicht zusammenreißt, wird dieser Fall Realität.“

Ironie der Geschichte. Vor 40 Jahren kam ein Film in die Kinos, in dem ein Privatdetektiv in eine angebliche Ehebruchsaffäre verwickelt wird: Jack Nicholson in Roman Polanskis „Chinatown“. Alsbald stellt sich das Ganze als Intrige und Korruption heraus. Im Mittelpunkt: die Wasserversorgung von Los Angeles.