Berlin. . Der lange und trübe Winter hat in Deutschland die Diskussion um den Klimawandel vielerorts neu angeregt. Doch Experten warnen davor, Wetter und Klima gleichzusetzen und neue Zahlen zeigen: Der Erwärmungstrend setzt sich - gebremst - fort.

Auch ohne neue Hitzerekorde war es 2012 in Deutschland erneut ungewöhnlich warm: Die durchschnittlichen 9,1 Grad Celsius lagen deutlich über dem langjährigen Mittel von 8,2 Grad, berichtete der Deutsche Wetterdienst am Dienstag in Berlin. "Die Erdmitteltemperatur stagniert seit etwa 15 Jahren auf hohem Niveau. Trotzdem müssen wir die Geschichte des Klimawandels deshalb nicht neu schreiben", sagte DWD-Vizepräsident Paul Becker.

Auch einige Jahre ohne Rekorde oder einzelne kalte, lang andauernde Winter, wie der gerade vergangene, ließen keine belastbaren Aussagen über ein Abschwächen des Klimawandels zu, betonten die Fachleute. Sie gehen davon aus, dass es bis 2100 in Deutschland noch weitere 1,5 bis 4 Grad Celsius wärmer wird - und gesundheitliche Belastungen für Pollenallergiker und die wachsende Zahl älterer Menschen zunehmen.

"Klima ist, was wir erwarten. Witterung ist, was wir bekommen"

"Weltweit betrachtet war 2012 durch eine Reihe von Extremereignissen geprägt", betonte Becker: Anhaltende Dürre im Mittleren Westen der USA, Rekordminimum bei der arktischen Meereisbedeckung und Hurrikan Sandy. Zwar ließen solche Einzelereignisse keine konkreten Rückschlüsse auf das Fortschreiten des Klimawandels zu. Aber es gehe um eine langfristiges Aufsummieren menschlicher und natürlicher Einflüsse. "Klima ist das, was wir erwarten. Witterung ist das, was wir bekommen", sagte Becker. Der DWD rechnet deshalb fest mit einem weiteren Temperaturanstieg - und geht davon aus, dass die menschlichen Einflüsse darauf überwiegen.

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Wichtig sei es deshalb, Vorsorge zu treffen - etwa in Form eines präziseren Hitzewarnsystems. "Vor allem ältere Menschen werden unter den höheren Temperaturen leiden", sagte Becker. So schätzt der DWD, dass es etwa im Oberrheingraben um die Jahrhundertmitte in einem Drittel der Nächte zwischen Mai und September über 25 Grad Celsius warm werden dürfte - und zwar in Innenräumen einer Durchschnittswohnung. "Das kann ein 35-jähriger Gesunder vielleicht wegstecken, aber ein 88-jähriger Senior nicht mehr unbedingt".

Auch Pollenallergien dürften mehr Schwierigkeiten bereiten. Denn die altbekannten Pollen fliegen immer früher und länger, teils sind auch bereits ganz neue Allergene unterwegs - wie etwa Ambrosia-Pollen. "Wir brauchen jetzt politischen Rückenwind, damit interdisziplinär geforscht werden kann, wie sich die steigenden Temperaturen auf verschiedenste Teile der Gesellschaft auswirken", forderte Becker. (dpa)