Düsseldorf. . Die Stadtoberhäupter sollen Nebeneinkünfte an die Stadtkasse überweisen. Damit sie das auch wirklich tun, arbeitet NRW-Innenminister Ralf Jäger an einem Erlass. Denn die Erfahrung zeigt, dass diese Zusatzeinnahmen Begehrlichkeiten bei den Rathauschefs wecken.

Darf ein Bürgermeister oder Landrat Nebeneinkünfte als Aufsichtsrat in einem Privatunternehmen behalten oder muss er das Geld an Kommune oder Kreis abführen? Wann ist ein kommunaler Spitzenpolitiker privat? NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) brütet seit Tagen über einem Erlass, der hochexplosiven Sprengstoff für Kommunalpolitiker enthalten dürfte. „Es geht hier um Geld der Allgemeinheit“, sagte Jäger unserer Zeitung vor Abschluss des rechtlichen Prüfverfahrens. Nach Ansicht Jägers ist es niemandem zu vermitteln, dass Vergütungen von Firmen für Aufsichtsratstätigkeiten, die zum Hauptamt des Kommunalpolitikers gehören, aufs Privatkonto von Bürgermeistern und Landräten fließen.

Anlass der Prüfung ist der „Fall Frithjof Kühn“. Der ehemalige Landrat des Rhein-Sieg-Kreises war 2004 in den Aufsichtsrat des RWE-Konzerns gewählt worden und hatte seither üppige 531.171 Euro für das Mandat erhalten – lediglich „unter Vorbehalt“ hatte Kühn das Geld an den Kreis abgeführt.

Nach seinem Ausscheiden als Landrat ließ sich Kühn vom Rechtsamt des Kreises gutachterlich bestätigen, dass er als Privatperson und nicht als Vertreter des Kreises bis 2016 im Aufsichtsrat sitzt. Der CDU-Mann verlangte eine juristische Klärung seines Anspruchs – und löste einen landesweiten Eklat aus.

Nicht alle Einnahmen müssen abgeführt werden

Kühn pocht darauf, dass er als Aufsichtsrat nach dem Aktienrecht ein „höchstpersönliches Amt mit persönlicher Verantwortung und Haftung“ ausübe. Kühns Sicht, dass sein Wahlamt für die Berufung in den RWE-Aufsichtsrat nicht ausschlaggebend war, ist allerdings höchst umstritten – und wohl wirklichkeitsfremd. FDP-Kommunalexperte Kai Abruszat verlangte eine schnelle und wasserdichte Lösung durch Innenminister Jäger. Schließlich sind viele Oberbürgermeister und Landräte über ihr Wahlamt an lukrative Aufsichtsratsposten gelangt. In der Regel wird die Einnahme allerdings abgeführt.

Auch interessant

Bei Tätigkeiten in Beiräten städtischer Unternehmen müssen kommunale Vertreter die Einnahmen an die Stadtkasse überweisen, wenn die Position Bedingung für die Berufung ist. Für Einnahmen in Verwaltungsräten von Sparkassen gilt eine Ausnahme. Diese Einnahmen – oft mehrere Tausend Euro im Jahr – müssen nicht (können aber) abgeführt werden.

Was ist bei Aufsichtsrattätigkeiten in privaten Unternehmen?

Eine juristische Grauzone gibt es noch bei Aufsichtsratstätigkeiten kommunaler Spitzenpolitiker in privaten Unternehmen (etwa RWE). Hier fehlt bislang eine eindeutige Regelung, ob die Aufsichtstätigkeit eines Mandatsträgers zum Hauptamt des Politikers gehört.

Ansonsten gilt: Handelt es sich um kommunale Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst, dürfen kommunale Mandatsträger bis zu 6000 Euro im Jahr behalten (wird besteuert).

FDP-Experte Kai Abruszat geht noch einen Schritt weiter und kritisierte, dass „ausufernde Nebentätigkeiten von Hauptverwaltungsbeamten“ mit der Unabhängigkeit dieser Positionen generell nicht vereinbar seien. Vergütung und Versorgung der direkt gewählten Landräte und Bürgermeister seien angemessen. „Der Bürger kann zu Recht erwarten, dass Bürgermeister und Landräte in vollem Umfang mit ihrer ganzen Arbeitskraft das wichtige Amt ausfüllen“, sagte Abruszat unserer Zeitung. Deshalb müssten Nebentätigkeiten restriktiv gehandhabt werden, um das Vertrauen in der Bevölkerung nicht zu untergraben.