Düsseldorf. . Frithjof Kühn verabschiedet sich aus dem Landratsamt des Rhein-Sieg-Kreises. Nun besteht er auf Rückzahlung von mehr als 500.000 Euro. Das Geld hat er in den vergangenen Jahren als RWE-Aufsichtsrat bekommen und abgeführt. „Doch das war unter Vorbehalt“, sagt er nun. Geht es nach Innenminister Jäger, steht ihm nur eine Aufwandsentschädigung zu.

Als sich Frithjof Kühn dieser Tage aus dem Landratsamt des Rhein-Sieg-Kreises verabschiedete, eilte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) persönlich mit der Entlassungsurkunde herbei. Sie rühmte Fleiß und Kompetenz des CDU-Mannes und ließ ihre Laudatio in der Feststellung gipfeln: „Sie hinterlassen ein gut bestelltes Feld.“

Dass dies nicht zuletzt für den 70-Jährigen persönlich gilt, hat Krafts Innenminister Ralf Jäger (SPD) seit Ende vergangener Woche schriftlich. Kühns Kreisverwaltung ist pünktlich zum Ausstand des Chefs zu der Rechtsauffassung gelangt, dass dem Landrat 531.171,79 Euro aus seiner jahrelangen Aufsichtsratstätigkeit für den Energiekonzern RWE zustehen.

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Er habe das Geld nur „unter Vorbehalt“ an die Kreiskasse abgeführt. Jäger muss das vierseitige Gutachten nun prüfen – und will nach Lage der Dinge verhindern, dass sich Kühn auf diese Weise seinen Ruhestand versüßt.

Auch Oberbürgermeister verdienen gut in Aufsichtsräten

Juristisch bewegt sich das Innenministerium dabei auf unwegsamem Gelände. Kommunen und Kreise, die RWE-Anteile halten, sind regelmäßig mit ihren Oberbürgermeistern und Landräten im Aufsichtsrat des Konzerns vertreten. Das verschafft diesen üppige, sechsstellige Zusatzeinnahmen.

Ein Erlass des Innenministeriums aus dem Jahr 2005 hält die kommunalen Spitzenbeamten an, diese Nebeneinkünfte bis auf eine Aufwandsentschädigung von 6000 Euro an ihre Städte abzuführen. Eine Rechtsgrundlage für das Weiterleiten der Aufsichtsratsbezüge aber fehlt offenbar. Die Oberbürgermeister und Landräte werden nicht von ihren Kommunen in das Kontrollgremium geschickt. Es sind formal persönliche Posten, in die man von der RWE-Hauptversammlung gewählt wird. Ins Bewusstsein gerufen wurde dieser Umstand zuletzt 2009, als die scheidenden Oberbürgermeister in Dortmund und Essen trotz des Amtsverlustes ihre Sitze im RWE-Kontrollgremium nicht parallel niederlegen mussten.

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Da aber das Oberbürgermeister- oder Landrats-Amt der Schlüssel zum Aufsichtsrat bleibt, plant die Landesregierung eine gerichtsfeste Klärung der Vergütungsfrage. Eine solche gibt es seit 2011 bereits für RWE-Beiratstätigkeiten. Damals schmetterte das Bundesverwaltungsgericht eine Klage des Neusser Bürgermeisters Herbert Napp ab und entschied, dass dieser bis auf einen Selbstbehalt von 6000 Euro seine Bezüge an die Stadtkasse abführen müsse.

Eine Lösung muss her, zumal bei den gut dotierten kommunalen RWE-Aufsichtsräten nicht immer klar ist, welchen Hut sie gerade tragen. So ist den Grünen im Rhein-Sieg-Kreis in unguter Erinnerung, wie ausgerechnet Landrat Kühn mit RWE einen millionenschweren Einstieg seines Kreises bei der RWE-Tochter Rhenag verhandelte.