Essen. . Am Freitag gibt es Zeugnisse - und der Trend ist eindeutig: In NRW bleiben immer weniger Schüler sitzen. Vor allem an den Gymnasien ist die Zahl der Wiederholer verschwindend gering. Eltern befürchten, dass Gymnasien ihr Niveau nicht mehr halten können, wenn schwache Schüler seltener wiederholen.

Die Landeselternschaft der Gymnasien fordert, an der Möglichkeit des Sitzenbleibens und des sogenannten Abschulens festzuhalten — der zwangsweisen Versetzung vom Gymnasium auf eine Real-, Haupt- oder Gesamtschule. Ansonsten sei langfristig die Schulform Gymnasium gefährdet, so Ralf Leisner, Vorsitzender der Landeselternschaft der Gymnasien.

Die Eltern blicken mit Sorge auf Bundesländer wie Hamburg oder Niedersachsen, wo das Sitzenbleiben abgeschafft wurde. Auch in Berlin dürfen Schüler nur noch in begründeten Ausnahmen wiederholen. „Das ist ein Signal in Richtung Einheitsschule“, so Leisner.

Ministerium dementiert Pläne, das Sitzenbleiben ganz abzuschaffen

Peter Silbernagel, Präsident des Philologenverbandes NRW, der die Gymnasiallehrer vertritt, versteht die Sorge. Im rot-grünen Milieu des Düsseldorfer Politikbetriebes gebe es durchaus Stimmen, langfristig auch auf die Abschulung schwacher Schüler zu verzichten. „So lange es das Gymnasium gibt, so lange wird es auch Schüler geben, die den Anforderungen nicht gewachsen sind, die es einfach nicht schaffen“, sagte Silbernagel.

Offiziell denkt die grüne Schulministerin Sylvia Löhrmann weder an die Abschaffung der Abschulung noch an die Schule ohne Sitzenbleiben. „Es gibt keine Pläne, die Gesetzgebung zu ändern oder Sitzenbleiben ganz abzuschaffen“, heißt es aus ihrem Ministerium.

Werden schwache Schüler durchgewinkt?

Laut Silbernagel haben die meisten Schulen das Prinzip der individuellen Förderung längst verinnerlicht. Wenn Schüler den Anschluss verlören, gebe es Förderpläne und Elterngespräche. Dies berge allerdings die Gefahr, dass schwache Schüler durchgewinkt würden – um dem bürokratischen Aufwand zu entgehen.

Der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft reicht die individuelle Förderung nicht. Sie fordert die generelle Abschaffung des „Zwangssitzenbleibens“ bei schlechten Noten. Zudem sollten Schulen grundsätzlich alle Kinder bis zum Schulabschluss behalten, die sie aufnehmen.