Siegburg/Düsseldorf. . Die NRW-Grünen schauen schon auf die Landtags- und Bundestagswahl 2017. Neben der Energiewende rücken Industriepolitik und eine Förderung des ländlichen Raums in den Fokus. Mona Neubaur wurde neben Sven Lehmann neu an die Parteispitze gewählt.

Kampfkandidaturen und politischer Flügelstreit waren gestern – beim Landesparteitag der NRW-Grünen in Siegburg bestimmten Harmonie und Geschlossenheit das öffentliche Bild der Öko-Partei. Mit 77,2 Prozent der Stimmen wählten die Delegierten am Samstag die Düsseldorfer Kreisvorsitzende Mona Neubaur zur neuen Landesvorsitzenden. Als Landeschef für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt wurde der Kölner Sven Lehmann mit 94,5 Prozent Zustimmung.

In einer wenig charismatischen Antrittsrede kündigte Neubaur an, bei der Verkehrswende „das Steuer herumzureißen“. Die Kommunen brauchten endlich ausreichend Mittel aus dem Bund für eine ökologische und zukunftsfähige Verkehrspolitik, verlangte Neubaur.

Grünen wollen "Turbo-Abitur" reformieren

Erheblichen Reformbedarf sah ein Großteil der 280 Delegierten beim G8-„Turbo-Abitur“. Der Siegerländer Peter Neuhaus erntete kräftigen Beifall für seine offene Kritik am unvertretbaren „Zeitdiktat für Kinder“ beim Abitur nach acht Jahren. Schulministerin Sylvia Löhrmann versprach eine vernünftige Analyse, warnte aber vor einem Chaos an den Schulen durch ein voreiliges Zurückrudern zum G9. „Einfach den Schalter wieder umlegen, das geht nicht“, sagte Löhrmann. Im Herbst tagt ein Runder Expertentisch. Landeschef Lehmann will danach im Landesparteirat die grüne Partei-Position diskutieren, bevor der Landtag debattiert.

In seiner Grundsatzrede betonte der wiedergewählte grüne Landeschef, dass die Grünen keine Klientelpartei seien. Die Partei dürfe ihre Fahne nicht nach dem Wind hängen, sondern müsse den anderen Parteien den Wind ins Gesicht blasen. Lehmann kündigte Widerstand an gegen die Politik der „Kartelle der Energieriesen und die Lobby der Automobilindustrie“.

Neubaur will mit den Grünen die ländlichen Räume erobern

Die nach vier Jahren auf eigenen Wunsch ausscheidende Landeschefin Monika Düker sah die Grünen nach der enttäuschenden Bundestagswahl wieder auf dem Weg nach oben. Die Großstadtpartei will die ländlichen Räume erobern. Die programmatischen Ziele: wohnortnahe Bildungseinrichtungen, Erhalt der Artenvielfalt und weniger Flächenverbrauch. In einem politischen Testament appellierte Düker an die Partei, bald die Weichen für die Landtagswahl 2017 zu stellen und den nächsten Klimaschutzplan „vor Ort mit Leben zu füllen“. Angesichts der Debatten über schwarz-grüne Bündnisse stellte Düker klar, dass die Grünen nicht als „reine machtpolitische Mehrheitsbeschaffer zur Verfügung stehen“.

Die Bundesvorsitzende Simone Peter wehrte sich gegen die heftig entbrannte Debatte über eine Rolle der Grünen als neue FDP. „Wir sind nicht die neue Öko-FDP. Die Partei der Bürgerrechte waren wir Grüne schon immer“, rief Peter unter Beifall der Delegierten in Siegburg. Den „ollen Krempel“ der neoliberalen Privat-vor-Staat-Ideologie könne FDP-Chef Lindner gern behalten.

Forschungszentrum Jülich soll Forschungsbereiche einstellen

Einig sind sich die Grünen offenbar in der Forderung, die 2006 in NRW eingeführte Kirchenaustrittsgebühr wieder abzuschaffen. Künftig sollten die Kirchen die Kosten für den Verwaltungsaufwand der Amtsgerichte selbst tragen. Bisher handele es sich um eine „versteckte Kirchensubventionierung“, hieß es im Antrag V1.

Am Forschungszentrum Jülich (FJZ) soll künftig laut Antrag V 7 nur noch Forschung zum Rückbau von Atomanlagen und der Endlagerung von Atommüll erlaubt sein. Die Wissenschaftler in Jülich sollen auch die „Sicherheitsforschung“ einstellen. Der angekündigte Verzicht auf die Hochtemperatur-Reaktor-Forschung reicht aus grüner Sicht nicht aus.