Berlin. . Die historische Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank mag positive Impulse für die Wirtschaft setzen. Für die Vermögen der Bürger wirkt sie verheerend. Sparguthaben verlieren weiter an Wert. Die Verzinsung bleibt weiterhin sehr gering. Auch die private Altersversorgung gerät in Gefahr.

Banken in der Eurozone können sich künftig bei der Europäischen Zentralbank (EZB) noch günstiger mit Geld versorgen.Gleichzeitig aber müssen sie erstmals in der knapp 15jährigen Geschichte der Notenbank einen Strafzins zahlen, wenn sie dort Geld anlegen.

Banken in der Eurozone können sich künftig bei der Europäischen Zentralbank (EZB) noch günstiger mit Geld versorgen.Gleichzeitig aber müssen sie erstmals in der knapp 15jährigen Geschichte der Notenbank einen Strafzins zahlen, wenn sie dort Geld anlegen.

Den Leitzins reduzierte der Rat der EZB am Donnerstag von 0,25 auf nur noch 0,15 Prozent, der Einlagezins rutscht von null auf minus 0,1 Prozent. Statt Geld bei der EZB zu parken, sollen es die Banken als Kredite an Unternehmen geben.

EZB-Präsident Mario Draghi zeigte sich überzeugt, dass die weitere Lockerung der Geldpolitik die Wirtschaft ankurbeln werde. Er wies zugleich Vorwürfe zurück, die EZB schädige und enteigne mit den extrem niedrigen Zinsen die Sparer. „Das ist ein tiefes Missverständnis. Das sind Zinssätze für die Banken, nicht für die Menschen. Die Entscheidung über die Sparzinsen liegt allein bei den Banken“.

Dax überspringt Grenze von 10.000

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Aus Deutschland hagelte es Kritik an der Verschärfung des Krisenkurses. „Statt der erhofften Impulse für die Wirtschaft in den Krisenländern werden durch die erneute Zinssenkung die Sparer in ganz Europa weiter verunsichert und Vermögenswerte zerstört“, sagte Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon.

Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn kritisierte: „Das ist der verzweifelte Versuch, mit noch billigerem Geld und Strafzinsen auf Einlagen die Kapitalströme nach Südeuropa umzuleiten und so dort die Wirtschaft anzukurbeln.“

An der Börse sorgte die Entscheidung der Notenbank für Jubelstimmung. Der Dax sprang erstmals in seiner 26-jährigen Geschichte über 10 000 Punkte.

Schlechte Teiten für die Sparer 

Für Sparer brechen richtig schlechte Zeiten an: Nach der historischen Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) wird es immer schwieriger, sein Geld gut anzulegen. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Bekommen Sparer jetzt gar keine Erträge mehr für Sparbücher oder Festgelder?

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Die Zinsen für Einlagen bei der Bank, zum Beispiel Sparbuchguthaben oder Festgelder, werden noch ein Stück weiter runter gesetzt. Die Guthaben verlieren damit faktisch an Wert, weil die Verzinsung unterhalb der Preissteigerungsrate liegt. Es wird immer schwieriger, Anlagemöglichkeiten zu finden, die sicher sind und trotzdem noch etwas abwerfen.

Sollten Haus- oder Wohnungseigentümer ihre Immobiliendarlehen jetzt umschulden?

Es kann sich lohnen, von einem teuren alten Baudarlehen zu einem günstigeren neuen umzuschulden. Allerdings erheben die Kreditinstitute dafür in der Regel Gebühren, weil ihnen ja Erträge entgehen. Es ist daher wichtig, Kosten und Nutzen zunächst einmal auszurechnen und sich erst danach für eine Umschuldung zu entscheiden.

Werden Kredite und der Dispo jetzt billiger?

Ratenkredite oder Hauskredite und am Ende wohl auch der Dispo werden meist mit einer gewissen Zeitverzögerung günstiger, weil Banken und Sparkassen die Senkung des Leitzinses zumindest teilweise an ihre Kunden weitergeben.

Wo können Anleger ihr Geld noch gut anlegen?

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Diese Frage lässt sich nicht pauschal für alle Anleger beantworten. Bei sehr sicheren Sparformen ist die Verzinsung auf mittlere Sicht betrachtet sehr gering. Mit steigendem Risiko lassen sich höhere Renditen erwirtschaften. Das könnten zum Beispiel Staatsanleihen aus anderen Euroländern sein oder auch Anleihen von wirtschaftlich starken Unternehmen. In den letzten Monaten haben sich Aktionäre über eine sehr gute Wertentwicklung freuen können. Der DAX ist nach der Zinsentscheidung sogar auf ein Allzeithoch geklettert. Manche Experten halten das derzeitige Kursniveau aber schon für überhöht. Aktien sind und bleiben mit einem Verlustrisiko verbunden.

Ist der Kauf von Immobilien jetzt die beste Entscheidung?

Es spricht viel für den Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses. Denn die Finanzierungskosten sind niedrig wie nie. Doch in vielen begehrten Lagen der Innenstädte ist mittlerweile auch das Niveau der Kaufpreise stark angestiegen. In einigen Gebieten sprechen Experten schon von einer Preisblase.

Warum sind die niedrigen Zinsen eine Gefahr für die private Altersvorsorge?

Arbeitnehmer oder Selbstständige, die einen großen Teil ihres späteren Einkommens privat ansparen, bekommen durch die anhaltende Niedrig-Zins-Phase mit Beginn des Ruhestands viel weniger heraus als erwartet. Wer 30 Jahre spart und nun statt der erhofften Durchschnittsrendite von vier Prozent nur noch auf 2,5 Prozent kommt, hat am Ende fast ein Drittel weniger angespart als geplant.

Bleibt der Trend zu niedrigen Zinsen noch lange erhalten?

Selbst wenn der Grund für das Zinstief entfällt, die Inflation also wieder anzieht und die Wirtschaft in Südeuropa wieder auf die Beine kommt, werden die Zinsen noch wenigstens ein Jahr lang auf sehr niedrigem Niveau verharren. Denn ein schneller Trendwechsel könnte nach Ansicht von Experten zu neuerlichen Turbulenzen an den Finanzmärkten führen.