Berlin. Wie sollen Parteien und Wähler mit der eurokritischen AfD umgehen? Parteienforscher Oskar Niedermayer meint: Offensiv! Genau das vermisse er bei den etablierten Parteien. Ihnen wirft er vor, Ängste vor Zuwanderung oder den Risiken der Europolitik nicht ernst zu nehmen.

Wenige Tage vor der Europawahl hat der Parteienforscher Oskar Niedermayer eine offensive Auseinandersetzung mit der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD) gefordert. "Die AfD zielt auf Ängste und Befürchtungen, die in der Bevölkerung bestehen, unabhängig davon, wie stark sie objektiv gerechtfertigt sind", sagte Niedermayer der Nachrichtenagentur dpa. Das gelte für das Thema Zuwanderung ebenso wie für die Risiken der Europolitik.

Niedermayer warf den etablierten Parteien vor, im Europa-Wahlkampf diese Ängste nicht ernst zu nehmen. "Wenn ich mir die Slogans so anschaue: Alles Friede, Freundschaft, Eierkuchen - und die Probleme, die Ihr seht, wischen wir einfach weg. Das mögen einige Leute nicht."

Ein Teil der Bürger fühle sich von der etablierten Politik ausgegrenzt. "Das Hochkommen solcher Parteien zeigt immer, dass zwischen der politische Elite und der Bevölkerung etwas nicht stimmt." Programmatisch sei die AfD eher national-konservativ, allerdings habe sie Abgrenzungsprobleme gegenüber Rechtspopulisten. "Das ist keine rechtsextremistische Partei. Es wäre ein Fehler sie totzuschweigen", sagte Niedermayer.

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Generell gibt der Berliner Wissenschaftler den kleineren Parteien gute Chancen bei der Europawahl. "Es geht um deutlich weniger und viele denken: Da kann ich mit dem Herzen wählen." Mit einem weiteren Einbruch der Wahlbeteiligung, die 2009 nur bei 43,4 Prozent lag, rechnet Niedermayer nicht - schon wegen der ebenfalls am Sonntag stattfindenden Kommunalwahlen in zehn Bundesländern.

Ein gutes Ergebnis der AfD, die derzeit in Umfragen bei sechs Prozent liegt, wäre ein Signal vor allem für die Landtagswahlen in diesem Jahr in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Ein Einzug in ein Landesparlament würde dann auch die Ausgangsposition für die nächste Bundestagswahl optimieren, sagte der Politologe. (dpa)