Berlin. Bundespräsident Horst Köhler soll das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornografie nicht unterschreiben. Das fordert der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur in einem offenen Brief an Köhler. Das Gesetz sei wirkungslos, der Einstieg in die Zensur und verfassungswidrig.

Der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur hat Bundespräsident Horst Köhler am Montag aufgefordert, das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet nicht zu unterschreiben.

In einem offenen Brief an den Bundespräsidenten bezeichnen die Unterzeichner das Gesetz als unwirksam und befürchten einen Einstieg in die Zensur. Wie das Bundespräsidialamt mitteilte, ist das Gesetz noch nicht eingegangen. Dann werde es geprüft, ebenso wie der Inhalt des Briefes, soweit er verfassungsrechtlich relevant sei.

Anwalt: Bund hat nicht die Kompetenz für Gesetz

Rechtsanwalt Thomas Stadler, der den Brief im Namen des Arbeitskreises verfasst hat, zweifelt die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes an: "Das Zugangserschwerungsgesetz ist offenkundig nicht verfassungskonform, und zwar sowohl aus formalen wie auch aus inhaltlichen Gründen", kritisierte Stadler. Der Bund habe keine Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich.

Zudem sei das Gesetz nicht geeignet, den erhofften Zweck zu erreichen. "Besonders bedenklich ist dabei, dass die Entscheidung darüber, ob statt anderen Maßnahmen eine Sperre von Internetseiten durchgeführt wird, einzelne Beamte des BKA fällen", fügte Stadler hinzu.

Die Kritiker bemängeln vor allem, dass das Gesetz nicht die erhoffte Wirkung erzielen werde. "In der öffentlichen Diskussion ist bereits hinreichend dargestellt worden, dass diese 'Sperren' ohne weiteres zu umgehen sind und deshalb gerade Pädophile, die gezielt nach derartigen Inhalten suchen, nicht von einem Zugriff abgehalten werden können", heißt es daher in dem offenen Brief Stadlers, der von zahlreichen Unterstützern unterschrieben wurde. Vielmehr bewirke das Gesetz einen gegenteiligen Effekt, indem die Stoppschilder erst recht die Aufmerksamkeit auf diese Seiten lenkten.

Gegner befürchten, dass Bürger ausspioniert werden

Außerdem befürchten die Unterzeichner, die Infrastruktur sei erst der Einstieg in eine weitergehende Zensur, "die geeignet ist, im Prinzip jede Suche oder Anfrage eines Bürgers nach Information aufzuzeichnen und diese Anfrage anschließend aufgrund einer staatlich kontrollierten Sperrliste zuzulassen oder zu blockieren", heißt es in dem Brief an Köhler. (ddp)