Washington. . US-Außenminister John Kerry hatte sich vorgenommen, den stockenden Prozess in Richtung Frieden zwischen Israel und den Palästinensern wieder in Gang zu setzen. Nach monatelangen Gesprächen mit beiden Seiten muss er feststellen: Keine Perspektive in Sicht. Ein weiterer Rückschlag für Obama.

Nach einem Jahr ­unermüdlicher Pendel-Diplomatie wirkt der schlaksige US-Außen­minister in diesen Tagen noch hagerer als sonst. John Kerry ist die Enttäuschung über das vergebliche Mühen um eine Lösung im Nahost-Konflikt anzusehen.

Schon zum Monatsbeginn zeichnete sich ab, dass die Vermittlungs-Initiative von Präsident Obamas wichtigstem Diplomaten unter ­keinem guten Stern stand.

Israels Beharrlichkeit, den Siedlungsbau im Westjordanland fortzusetzen, ohne die Grenzziehung für einen Palästinenserstaat zu berücksichtigen, und der palästinensische Drang, durch den Beitritt zu Vertretungen der Vereinten Nationen Geltung auf internationalem Parkett zu erlangen, ­hatten den Prozess stark erschwert. Wechselseitige Schuldzuweisungen prägten die von tiefem Misstrauen gekennzeichneten Gespräche.

Die Frist für ein Friedensabkommen läuft ab

Bevor am nächsten Dienstag die neunmonatige Frist abläuft, in der sich Israelis und Palästinenser unter Kerrys Regie auf den Entwurf eines Friedensabkommens – oder zumindest auf eine Verlängerung der schwierigen Friedensgespräche – verständigen sollten, ist der Zug nun zum Stillstand gekommen.

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Sarg­nagel ist das geplante Zusammen­gehen der Fatah, die in der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) den Ton angibt, mit ihrem ­radikalislamischen Konkurrenten Hamas. Eine Bewegung, die der ­Vernichtung Israels das Wort redet, international als Terror-Organi­sation gilt und für etliche Anschläge verantwortlich ist.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu stellte sein Gegenüber Mahmud Abbas im US-Fernsehen vor die Wahl: „Entweder Frieden mit Israel – oder ein Abkommen mit der Hamas.“ Kerry zeigte sich über den Vorstoß von Abbas „enttäuscht“.

Keine Seite hat sich ernsthaft um „mutige Entscheidungen“ bemüht

Um kein zusätzliches Öl ins Feuer zu gießen, fällte Obama während ­seiner Asienreise ein salomonisches Urteil: Beide Streitparteien hätten gleichermaßen den nötigen Willen vermissen lassen, um „mutige ­Entscheidungen“ voranzubringen, sagte Obama in Südkoreas Hauptstadt Seoul. Da in absehbarer Zeit nicht mit Fortschritten zu rechnen sei, warb Obama für eine „Pause“.

Für ihn selbst ist die Botschaft aus Nahost neben der akuten Krise um die Ukraine ein weiterer Rückschlag. Die Republikaner und die Israel-Lobby in den USA werden ihm Versagen vorwerfen. Ein Ende der schlechten Serie ist nicht in Sicht: Im Sommer muss sich zeigen, ob die Verhandlungen mit dem Iran über das umstrittene Atomprogramm, von dem sich nicht zuletzt Israel bedroht sieht, substanzielle Ergebnisse gebracht haben. Wenn nicht, werden mehrere Krisen zusammenfallen.