Berlin/Athen. Kanzlerin Merkel und der griechische Staatschef Samaras wollen laut einem Medienbericht eine griechische Förderbank starten. Beide Partner wollen demnach je 100 Millionen Euro dafür zur Verfügung stellen. Die Kanzlerin ist derzeit in Athen. Sie will für eine Fortsetzung des Sparkurses werben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras wollen nach Informationen von "Handelsblatt Live" die lange geplante griechische Förderbank mit einer Zwischenlösung auf den Weg bringen. Athen und Berlin wollten je 100 Millionen Euro dafür aufbringen, berichtet die Internetzeitung. Die Absichtserklärung dazu solle bei Merkels Athen-Besuch am heutigen Freitag unterzeichnet werden.
Berlin wolle das Geld über die KfW-Bank bereitstellen, die auch Vorbild des geplanten Instituts zur Kreditförderung kleiner und mittlerer Unternehmen sei. Der KfW-Beitrag solle über den Bundeshaushalt abgesichert werden, der erst im Juli in Kraft trete. Berlin prüfe Optionen für eine frühere Beteiligung der KfW. Später sollen sich auch Frankreich, die EU und die Europäische Investitionsbank (EIB) an dem Bankprojekt beteiligen.
Ex-Außenminister Droutsas hält Merkel-Besuch für Inszenierung
Merkel ist einen Tag nach der Rückkehr Griechenlands an die Kapitalmärkte in die griechische Hauptstadt Athen gereist. Sie will die Regierung um den konservativen Ministerpräsidenten Samaras in ihrem Sparkurs bestärken. Neben Gesprächen mit Samaras sind Treffen mit griechischen Mittelständlern und jungen, innovativen Unternehmern geplant. Am Abend wollen Merkel und Samaras die Öffentlichkeit über ihre Gespräche informieren.
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Der ehemalige griechische Außenminister Dimitris Droutsas hält den Besuch der Kanzlerin Angela Merkel für eine Inszenierung im Europa-Wahlkampf. "Dieser Besuch von Frau Merkel in Athen ist ein rein politisch motivierter Besuch und ist leider sehr weit entfernt von dem, was der Bürger in Griechenland benötigt", sagte Droutsas, der heute für die in Griechenland mitregierenden Sozialisten im Europäischen Parlament sitzt, dem SWR.
Der konservative Ministerpräsident Antonio Samaras brauche diese Visite, um zu zeigen, dass er "von den Mächtigen Europas" anerkannt werde. Merkel wolle der deutschen Öffentlichkeit beweisen, dass ihre Krisenpolitik richtig sei.
Ausschreitungen werden nicht erwartet
Ausschreitungen wie beim jüngsten Athen-Besuch Merkels im Oktober 2012 werden nicht erwartet. Damals war die Kanzlerin wegen ihres harten Sparkurses in der Euro-Schuldenkrise von vielen Menschen in Griechenland auch persönlich für die Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen verantwortlich gemacht worden.
Merkel hatte vor wenigen Tagen beim CDU-Europaparteitag ihre zentrale Botschaft für Samaras und die Griechen angedeutet. Griechenland gehe einen schweren Weg. "Aber wir stehen Griechenland zur Seite", sagte sie. Ihr Sprecher Steffen Seibert erklärte kürzlich, die Kanzlerin bewundere den griechischen Weg. Zwar sei er für große Teile der Bevölkerung schwer, zeige nun aber erste Erfolge.
In Athen verbot die Polizei nach der Explosion einer Autobombe, die am Donnerstag Sachschäden angerichtet hatte, für Freitag alle Demonstrationen im Regierungsviertel. Gewerkschaften, die stärkste Oppositionspartei Bündnis der radikalen Linken (Syriza) und autonome Gruppierungen riefen zu Protesten auf.
Drei Milliarden Euro am Anleihemarkt eingesammelt
Griechenland war am Donnerstag - fast vier Jahre nach dem Finanzkollaps - an die Kapitalmärkte zurückgekehrt. Erstmals seit dem Hilferuf an die Euro-Partner vertrauten private Investoren dem Land wieder längerfristig Geld an. Nach Angaben des Finanzministeriums in Athen wurden drei Milliarden Euro am Anleihemarkt eingesammelt, rund eine halbe Milliarde mehr als angepeilt.
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Anleger erhalten für die neuen Staatspapiere mit fünfjähriger Laufzeit eine Nominalverzinsung von 4,75 Prozent. Das größte Krisenland im Währungsraum löst sich damit ein Stück weit vom Tropf der Geldgeber. In der Schuldenkrise war die Rendite zehnjähriger Papiere zeitweise auf über 30 Prozent gestiegen. Seit der Beinahepleite im Frühjahr 2010 war Griechenland vom privaten Kapitalmarkt abgeschnitten, weil Anleger wegen des finanziellen Desasters das Vertrauen in das Land verloren hatten.
Der Staatschef warnt sein Volk
Geldgeber und griechische Regierung reagierten erleichtert auf die Rückkehr an die Kapitalmärkte. Samaras warnte seine Landsleute aber zugleich davor, im Kampf gegen die Krise nachzulassen. "Macht keinen Fehler: Wir haben noch einen langen Weg vor uns", erklärte der Ministerpräsident im griechischen Fernsehen. Die EU-Kommission begrüßte das Kapitalmarkt-Comeback genauso wie der Internationale Währungsfonds (IWF). IWF-Direktorin Christine Lagarde sagte in Washington, dies sei ein "Zeichen, dass Griechenland auf dem richtigen Weg ist".
Kritik kam erwartungsgemäß von Alexis Tsipras, dem Chef der größten griechischen Oppositionspartei. Das Land brauche einen Schuldenschnitt, sagte der Vorsitzende der radikalen Linken. Die Bürger haben bislang wenig von den Fortschritten am Kapitalmarkt. Die wirtschaftliche Lage des Landes bleibt kritisch, die Arbeitslosigkeit beträgt 27 Prozent. (dpa)