Moskau/Brüssel. Einreiseverbote, Kontensperrungen und die Aussicht auf Wirtschaftssanktionen lassen den Kreml kalt. Wladimir Putin erkennt die Krim als unabhängigen Staat an und treibt unbeirrt den Beitritt zu Russland zügig voran. Die Strafmaßnahmen durch den Westen seien “empörend und einseitig“.

Russland ist nach Angaben von Frankreichs Außenminister Laurent Fabius aus der Gemeinschaft der führenden Wirtschaftsnationen (G8) suspendiert worden. "Wir haben beschlossen, Russlands Teilnahme auszusetzen", sagte Fabius am Dienstag dem Sender Europe 1.

In der Krim-Krise schafft Russland trotz verschärfter Sanktionen des Westens weiter Fakten. Präsident Wladimir Putin hat am Dienstagmorgen einem Vertrag über die Aufnahme der zur Ukraine gehörenden Schwarzmeerhalbinsel Krim zugestimmt. Eine Anordnung Putins über die geplante Unterzeichnung des Dokuments auf höchster Ebene veröffentlichte am Dienstag das staatliche Rechtsportal pravo.gov.ru.

Schon am Montagabend hatte er einen Erlass unterzeichnet, mit dem Moskau die ukrainische Halbinsel als souveränen und unabhängigen Staat anerkennt. Schon an diesem Dienstag äußert sich der Kremlchef vor beiden Kammern des Parlaments zum geplanten zügigen Beitritt der Krim zu Russland. Europa und die USA drohen derweil mit noch härteren Strafmaßnahmen.

Am Montag hatten die EU und die USA Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen Politiker, Parlamentarier und Militärs in Russland und auf der Krim verhängt. Putin will darauf laut CNN nun mit eigenen Sanktionen gegen die USA reagieren. Die Sanktionen Moskaus sollen hochrangige Vertreter von US-Präsident Barack Obamas Regierung sowie wichtige Senatoren treffen, wie das Online-Magazin "The Daily Beast" unter Berufung auf Diplomatenkreise meldete. Darunter seien etwa die US-Spitzendiplomatin Victoria Nuland sowie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Demokraten im US-Senat, Dick Durbin.

Antrag auf Aufnahme in Russische Förderation

Einen Tag nach der Volksabstimmung auf der Halbinsel, bei der sich fast 97 Prozent für einen Anschluss an Russland ausgesprochen hatten, rief die Autonome Republik am Montag offiziell ihre Unabhängigkeit von der Ukraine aus. Zugleich verabschiedete die moskautreue Führung in der Krim-Hauptstadt Simferopol einen Antrag auf Aufnahme in die Russische Föderation sowie die Anpassung der Uhrzeit an die Moskauer Zeitzone. Eine Delegation wollte in Moskau auch über einen Zeitplan zur Einführung des Rubels auf der Krim verhandeln.

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Der russische Präsident Putin hat am Montagabend einen Erlass unterzeichnet, in dem Russland die Krim als souveränen und unabhängigen Staat anerkennt.
Von Dirk Hautkapp, Christian Kerl und Knut Pries

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hofft noch immer auf eine diplomatische Lösung. Dies sei der Schlüssel, um den Konflikt zu lösen, sagte sie am Montagabend. Zugleich verteidigte sie die Sanktionen des Westens. "Wir haben das nicht angestrebt. Aber angesichts der klaren Verletzungen durch das sogenannte Referendum auf der Krim waren wir genötigt, diesen Schritt zu gehen."

13 Russen und acht Krim-Politiker von Sanktionen betroffen

Die EU-Außenminister fordern von Moskau, die Lage zu deeskalieren und seine Truppen auf den Stand vor Ausbruch der Krise zurückzuziehen.

Von den EU-Sanktionen sind 13 Russen und acht Krim-Spitzenpolitiker betroffen. Dazu gehören unter anderem der Regierungschef der Krim, Sergej Aksjonow und der Vorsitzende des Krimparlaments, Wladimir Konstantinow. Auf der Liste stehen überdies Rustam Temirgalijew, Krim-Vizeregierungschef, und Alexej Tschaly, der Verwaltungschef der Hafenstadt Sewastopol, sowie der Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte, Alexander Vitko.

Russland nennt Sanktionen "politische Erpressung"

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten bereits am 6. März die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen für Russen und über ein neues Rahmenabkommen zwischen der EU und Russland ausgesetzt. Über Wirtschaftssanktionen wollen sie an diesem Donnerstag bei einem Gipfel in Brüssel beraten.

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Die USA erließen Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen sieben russische Regierungsvertreter, darunter Vize-Ministerpräsident Dmitri Rogosin, sowie vier ukrainische Politiker. Einer davon ist der entmachtete Präsident Viktor Janukowitsch.

Das russische Außenministerium kritisierte die US-Sanktionen als "empörend und einseitig". Die Chefin des russischen Föderationsrates, Valentina Matwijenko, bezeichnete die gegen sie verhängten Sanktionen als "politische Erpressung" der USA.

Tür für diplomatische Lösung stehe offen

US-Präsident Obama betonte, mit den Strafmaßnahmen sollten "die Kosten" für Russland für das Vorgehen in der Krim-Krise erhöht werden. Wenn Moskau seine Politik fortsetze, seien Washington und die internationale Gemeinschaft zu weiteren Schritten bereit. Doch die Tür für eine diplomatische Lösung stehe weiter offen.

Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow bezeichnete das Referendum als "große Farce". Er erklärte sich zu Gesprächen mit Russland bereit, schloss aber eine Übergabe der Krim klar aus.

Gaslieferungen wahrscheinlich nicht betroffen

Die internationalen Finanzmärkte reagierten gelassen auf die Sanktionen gegen Russland. Die Ölpreise fielen im Tagesverlauf leicht. Wenig beeindruckt zeigten sich auch die Börsen in Frankfurt, New York, London und Paris. Der deutsche Leitindex Dax baute seine Gewinne am Nachmittag aus.

Der Präsident des Bundesverbandes des Groß- und Außenhandels (BGA), Anton Börner, sagte der "Rheinischen Post" (Dienstag), es sei unwahrscheinlich, dass Russland seine Gaslieferungen nach Europa einstellt, weil der Kreml die Einnahmen brauche. Umgekehrt könne die EU Moskau aber großen Schaden zufügen. Wenn die EU ihre Erdgasimporte aus Russland stoppe, brächen Putin Einnahmen in Höhe von 100 Millionen Dollar pro Tag weg. (dpa)