Brüssel. Noch nie hat es vor einer Europawahl so viele rechtspopulistische Gruppierungen gegeben. Europapolitiker rechnen nach dem Urnengang mit einem stärkeren rechten Flügel. In Deutschland stellen sich die rechtsextreme NPD, Republikaner und die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) zur Wahl.
Gut zwei Monate vor der Europawahl haben Experten vor einer deutlich wachsenden Zustimmung für Rechtsaußen-Parteien gewarnt. Demoskopen rechneten im Mai mit einem "einschneidenden Wahlerfolg" für Rechtspopulisten und Rechtsextremisten, sagte Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, am Montag in Köln zu Beginn einer internationalen Tagung.
Bei allen Unterschieden hätten die meisten dieser Parteien gemeinsam, dass sie die Europäische Union "zum Feindbild" erklärten. Sie inszenierten sich als "Sprachrohr des kleinen Mannes", und manche äußerten sich zugleich auch offen rassistisch oder antimuslimisch.
Werte der EU stehen auf dem Spiel
Wenn im Straßburger Parlament mehr Sitze an stark europakritische oder europafeindliche Abgeordnete gehen, wird auch die Arbeit der EU-Kommission schwieriger. Das betonte Stephan Koppelberg, Leiter der Regionalvertretung der Europäischen Kommission (Bonn). In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg habe es noch nie so viele populistische, extremistische und fremdenfeindliche Gruppierungen gegeben wie aktuell im Vorfeld der Europawahlen. Dieser Anstieg und die Erfolgsaussichten für diese Parteien bereiteten der Europäischen Union große Sorge.
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Es sei zu befürchten, dass Errungenschaften und Werte der EU - etwa Stabilität, Gleichheit, Achtung der Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit und Minderheitenrechte - in Frage gestellt und möglicherweise gefährdet werden könnten, sagte Koppelberg.
25 Sitze würden für rechtsextreme Fraktion reichen
Der US-Politikwissenschaftler Professor Cas Mudde meinte, die Zustimmung der Bürger zur EU nehme in zahlreichen Ländern ab. Viele hielten den Euro für schlecht für ihr Land. "Das heißt aber nicht, dass sie rechtsextreme Parteien wählen." Um eine gemeinsame rechtsextreme Fraktion zu bilden, reichten 25 Sitze im Europaparlament aus, sagte der Experte von der Universität Georgia. Dass eine solche kleine Fraktion zustande komme, halte er für möglich. Allerdings variierten die Inhalte der Rechtsaußen-Parteien stark, dass sich einige wohl nicht beteiligen werden, prognostizierte Mudde. Aktuell gebe es in 18 der 28 EU-Staaten rechtsextreme Parteien.
Hierzulande bestimmen die Wähler am 25. Mai 96 Abgeordnete von insgesamt 751 Europa-Parlamentariern. Der Bundeswahlausschuss hat 25 Parteien und Vereinigungen für die Europawahl zugelassen, darunter auch die rechtsextreme NPD, die Republikaner und die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD). Das Bundesverfassungsgericht hatte jüngst die Drei-Prozent-Klausel bei der Europawahl gekippt. Schon weniger als ein Prozent der Stimmen reicht daher bereits für einen Sitz aus. (dpa)