In der Hälfte der 28 EU-Staaten gibt es bei der Europawahl keine Sperrklausel. Und doch wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, auch die Drei-Prozent-Hürde zu kippen, bei den Nachbarn vor allem die Deutschland-Skepsis vergrößern.

Das Europaparlament ein undurchschaubares Sammelbecken voller Splitterparteien: Das ist kein alleiniges deutsches Problem. In der Hälfte der 28 EU-Staaten gibt es bei der Europawahl keine Sperrklausel. Und doch wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, auch die Drei-Prozent-Hürde zu kippen, bei den Nachbarn vor allem die Deutschland-Skepsis vergrößern.

Das hat kaum etwas damit zu tun, dass unter den künftig 96 deutschen Abgeordneten auch Rechtsextremisten sitzen könnten. Das wird Demokratie aushalten. Problematischer ist da schon die Einschätzung der Verfassungsrichter, das Europaparlament sei erst auf dem Weg, sich als institutioneller Gegenspieler der EU-Kommission zu profilieren. Typisch Deutschland, konstatieren die europäischen Partner – das Europaparlament wird gar nicht erst als Schaltzentrale wahr­genommen.

Die Entscheidung in Karlsruhe sorgt bei der Wahl im Mai für eine Aufwertung der einzelnen Stimme, aber sie schwächt das hohe europäische Haus und dessen Funktionsfähigkeit. Die herausragende Bedeutung der Sperrklausel bei Bundestags- und Landtagswahlen dagegen wird auch zukünftig nicht in Abrede gestellt. So weit wird das fortwährende Kräftemessen von Politik und Verfassungsgericht dann doch nicht gehen. Immerhin.