Damaskus/Beirut. Die Verzweiflung der Assad-Gegner erhält am dritten Jahrestag der Revolution neue Nahrung. Denn die Truppen des Assad-Regimes haben ihnen die Kontrolle über eine strategisch wichtige Stadt an der Grenze zum Libanon entrissen. Der Konflikt hat bereits mehr als 146.000 Menschen das Leben gekostet.

Drei Jahre nach dem Beginn ihrer Revolution sieht es für die syrischen Regimegegner finster aus. Schiitische Milizionäre drängen die Rebellen zurück. Die Chancen für eine von Russland und den USA vorbereitete politische Lösung sind nach Meinung der Opposition derzeit wegen der Krise auf der Krim gering.

Die Exil-Opposition gab am Jahrestag der ersten Proteste deshalb Durchhalteparolen aus. Der Vorsitzende der Nationalen Syrischen Allianz, Ahmed al-Dscharba, versprach seinen Mitstreitern einen baldigen Sieg über das Regime von Präsident Baschar al-Assad. Nur wenige Stunden später nahmen die Regierungstruppen am Sonntag mit Hilfe der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah die seit Wochen umkämpfte Stadt Jabrud ein.

"Tragödie beispiellos in der jüngsten Geschichte"

Westliche Politiker appellierten anlässlich des Jahrestages an die Bürgerkriegsparteien, die Gewalt zu beenden, die schon mehr 146.000 Menschen das Leben gekostet und 9,3 Millionen Syrer heimatlos gemacht hat. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte: "Wir richten unseren dringenden Appell an das Assad-Regime, endlich die Gewalt gegen das eigene Volk zu beenden und die Vermittlungsbemühungen der internationalen Gemeinschaft nicht länger zu untergraben." Dieser Appell richte sich auch an radikale Gruppen im Lager der Regimegegner, die bisher ausschließlich auf Gewalt und Terror gesetzt hätten.

"Die Tragödie in Syrien ist beispiellos in der jüngsten Geschichte", sagte die EU-Außenbeauftragte, Catherine Ashton. Die internationale Gemeinschaft sei dafür verantwortlich, das Blutvergießen zu beenden.

Mit friedlichem Protest in Damaskus begonnen

"Die Schlacht wird nicht mehr lange dauern, den schwierigsten Teil haben wir schon hinter uns", versuchte Oppositionsführer Al-Dscharba seinen Mitstreitern Hoffnung zu machen. Er erinnerte an die Opfer des blutigen Konfliktes, der am 15. März 2011 mit einer friedlichen Protestaktion in Damaskus begonnen hatte. Die Assad-kritische Staatengruppe der "Freunde Syriens" bat er um moderne Waffensysteme.

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Hilfsorganisationen warnten, wenn Millionen syrische Kinder und Jugendliche nicht rasch mehr Hilfe und Schulunterricht erhielten, werde in den Flüchtlingslagern und Kampfgebieten eine verlorene Generation heranwachsen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), Save The Children, World Vision und Mercy Corps erklärten: "Fast drei Millionen Kinder besuchen nicht regelmäßig die Schule, ein Fünftel der Schulen in Syrien ist entweder zerstört, beschädigt oder für militärische Zwecke requiriert worden."

Nachrichtenagentur verschweigt Hisbollah-Kämpfer

Die syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, die Armee durchkämme Jabrud nach Terroristen. Die Beteiligung der Hisbollah an den Kämpfen erwähnte sie nicht. Der Kampfeinsatz der vom Iran aufgerüsteten Schiitenmiliz gegen die vorwiegend sunnitischen Rebellen in Syrien hat im Libanon die Spannungen zwischen den Religionsgruppen verschärft.

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Lokale Medien berichteten, die syrische Luftwaffe habe am Morgen Ziele in der Nähe der von Sunniten bewohnten libanesischen Ortschaft Arsal bombardiert. Die Angriffe galten vermutlich fliehenden Rebellen aus Syrien. Aus libanesischen Sicherheitskreisen verlautete, nach dem Vormarsch der Assad-Truppen in Jabrud seien in der Nähe von Arsal etwa 1000 Kämpfer über die Grenze geflohen. Zwei Leichen und elf Verletzte seien in ein Krankenhaus in Arsal gebracht worden, hieß es.

Geheimdienste stufen Beteiligte als Terrorgruppen ein

In Jabrud sollen auf der Seite der Regimegegner auch islamistische Rebellen, Angehörige der radikalen Al-Nusra Front und der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS) gekämpft haben. Andernorts in Syrien kämpfen ISIS und die islamistischen Rebellen gegeneinander. Jabrud ist für die Rebellen von großer strategischer Bedeutung, da sie von dort bislang Zugang zu einem Gebiet im Libanon hatten, das sie als Rückzugsraum und Ausgangspunkt für Waffenschmuggel nutzen konnten.

In der Stadt Aleppo tötete die Al-Nusra Front den dortigen "Emir" von ISIS, einen Marokkaner mit dem Kampfnamen Abu Osama. Das berichtete die regierungskritische Nachrichtenwebsite "All4Syria". Westliche Geheimdienste stufen sowohl ISIS als auch die Al-Nusra Front als Terrorgruppen ein, die Al-Kaida nahestehen. (dpa)