Berlin. Die Bundesregierung zweifelt offenbar an der Bereitschaft Russlands, eine internationale Kontaktgruppe zur Beilegung der Krim-Krise zu bilden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier drohte am Sonntagabend mit einer Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Moskau. Es wird eine Woche der Entscheidungen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) geht davon aus, dass die EU schon in den kommenden Tagen über eine Verschärfung ihrer Sanktionen gegen Russland entscheiden wird. Wenn Moskau in der Ukraine-Krise nicht einlenke, dann "wird man die nächste Stufe der Sanktionen erreichen müssen", sagte Steinmeier am Sonntagabend im ZDF. Nach Angaben aus London sagte Präsident Wladimir Putin zu, dass Russland eine "diplomatische Lösung" anstrebe.
Wegen der Krim-Krise hatte die EU am Donnerstag erste Sanktionen beschlossen. Zunächst wurden Gespräche über Visa-Erleichterungen und ein Wirtschaftsabkommen mit Russland auf Eis gelegt. Sollte es bei den diplomatischen Bemühungen um eine Beilegung der Krise keine Fortschritte geben, will die EU in einem zweiten Schritt Reisebeschränkungen und Kontensperrungen verhängen.
Gemeinsam die Deeskalation vorbereiten
Steinmeier sagte in der ZDF-Sendung "Berlin direkt", diese zweite Stufe der Sanktionen werde notwendig, "wenn es nicht zu einem internationalen Format kommt, in dem dann gemeinsam die Deeskalation in der Ukraine vorbereitet wird". Die Gespräche über die Bildung einer Kontaktgruppe müssten aber "im Grunde genommen wieder von vorne" beginnen.
Das Parlament auf der Krim hatte Putin am Donnerstag um Aufnahme in die Russische Föderation gebeten. Ein Referendum dazu wurde für kommenden Sonntag angesetzt. Die ukrainische Übergangsregierung und der Westen wenden sich entschieden gegen eine Abspaltung der Krim und halten ein solches Referendum für illegal.
Merkel telefonierte mit Putin
Diese Position betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag auch in einem Telefongespräch mit Putin, wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte. Die Abstimmung verstoße sowohl gegen die ukrainische Verfassung als auch gegen internationales Recht.
Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete das geplante Referendum als verfassungswidrig. Sollte es zu der Abstimmung und danach zu einer Abspaltung der Krim kommen, seien "Boykottmaßnahmen und Wirtschaftssanktionen kaum noch aufzuhalten", sagte der Vizekanzler im ARD-"Bericht aus Berlin".
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Demonstrationen in Donezk und Lugansk
Putin telefonierte am Sonntag auch mit dem britischen Premierminister David Cameron. Putin sagte demnach zu, die Vorschläge zur Bildung einer Kontaktgruppe am Montag mit seinem Außenminister Sergej Lawrow zu diskutieren.
Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk sagte am Sonntag auf einer Großkundgebung in Kiew, die Ukraine werde "keinen Zentimeter ihres Gebiets aufgeben". In der ostukrainischen Stadt Donezk gingen unterdessen knapp 10.000 prorussische Demonstranten auf die Straßen, in Lugansk besetzen Demonstranten den Sitz der Regionalregierung.
Nato bietet ukrainischer Armee Hilfe an
Die Nato will angesichts der Krim-Krise Zusammenarbeit mit der Ukraine ausweiten. Wie Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen der "Bild"-Zeitung vom Montag sagte, soll unter anderem die Leistungsfähigkeit der ukrainischen Armee verbessert werden, etwa durch gemeinsame Übungen und Ausbildungsprogramme. Zugleich seien die Planungen für den ersten gemeinsamen Militäreinsatz mit Russland abgebrochen worden.
Die USA verlegen zudem zwölf F-16-Kampfjets und 300 Soldaten nach Polen. Das Manöver sei schon länger geplant gewesen, erklärte das Verteidigungsministerium in Warschau. Angesichts der "angespannten politischen Situation" in der Ukraine werde es aber ausgeweitet und vorgezogen. (afp)