Kiew/Washington/Berlin. . Die Krim-Krise hält auch am Wochenende an. Am Samstag soll eine Gruppe westlicher Militärbeobachter mit Warnschüssen am Betreten der Krim behindert worden sein. US-Präsident Obama und Bundeskanzleriin Angela Merkel fordern Russland unterdessen auf, seine Truppen von der Krim abzuziehen.
Mit Warnschüssen ist Militärbeobachtern der Organisationen für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) der Zugang zur ukrainischen Halbinsel Krim verwehrt worden. Dabei sei niemand verletzt worden, sagte OSZE-Sprecherin Cathie Burton am Samstag in Wien. An einem Kontrollposten bei Armjansk hätten bewaffnete Männer unbekannter Herkunft den Bus mit den OSZE-Beobachtern angehalten, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen in Wien. "Sie hatten ihre Waffen entsichert", sagte ein Diplomat, der in Kontakt zur OSZE-Mission steht, zum Vorgehen der Uniformierten.
Vor dem Bus mit den Beobachtern seien zwei Salven abgefeuert worden, damit dieser sich nicht weiter nähere, hieß es. Das Fahrzeug selbst sei dabei aber nicht getroffen worden. Die Experten sollen die militärischen Aktivitäten Russlands auf der Krim beobachten. Prorussische Einheiten hatten dem OSZE-Team bereits am Donnerstag und Freitag mehrfach den Zugang zu der Schwarzmeer-Halbinsel versperrt.
Die rund 50 Experten aus 28 Ländern seien nun auf dem Weg von dem Kontrollposten bei Armjansk zu ihrem Stützpunkt, sagte die OSZE-Sprecherin. Dort wollten sie ihre nächsten Schritte planen. Die OSZE-Mission ist auf eine Dauer bis zum kommenden Mittwoch begrenzt.
Erstmals direkte Gespräch zwischen Vertretern der Ukraine und Russlands
Erstmals in der Krim-Krise haben sich Vertreter von Russland und der Ukraine persönlich zu einem Gespräch getroffen. Der russische Vizeaußenminister Grigori Karassin sei in Moskau mit dem ukrainischen Botschafter Wladimir Jeltschenko zusammengekommen, teilte das Außenministerium in Moskau am Samstag mit.
"In aufrichtiger Atmosphäre wurden Fragen der russisch-ukrainischen Beziehungen besprochen", hieß es in einer Mitteilung der Behörde. Moskau erkennt die prowestliche neue Führung in Kiew nicht an, weil sie aus Sicht des Kreml mit einem "Umsturz" an die Macht gekommen sei. Die Ukraine hatte Russland mehrfach zum Dialog aufgefordert.
Ukrainische Regierung bekräftigt Anspruch auf Krim
Eine Woche vor dem geplanten Referendum auf der Krim hat die ukrainische Regierung mit Nachdruck ihren Gebietsanspruch auf die Halbinsel bekräftigt. "Die Krim war, ist und bleibt ukrainisch", sagte Außenminister Andrej Deschtschiza am Samstag in Kiew. Beim Verfassungsgericht der früheren Sowjetrepublik liege eine Anfrage von Übergangspräsident Alexander Turtschinow, ob das Referendum über einen Beitritt der Krim zu Russland vereinbar sei mit den Gesetzen.
Deschtschiza forderte die Regierung der Halbinsel auf, nicht länger den Zugang für internationale Beobachter zu blockieren. Er rief zudem Russland auf, der Bildung einer Kontaktgruppe zuzustimmen.
Der moskautreue Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow zeigte sich unterdessen kompromisslos. "Niemand kann es (das Referendum) absagen", sagte er dem russischen Staatsfernsehen. Die Volksbefragung sei vom 25. Mai auf den 16. März vorverlegt worden, um "Provokationen" von ukrainischer Seite zu vermeiden, betonte er.
In der russischen Stadt St. Petersburg protestierten mehrere hundert Menschen gegen die Ukraine-Politik des Kreml. Moskau dürfe sich nicht in die Angelegenheiten des Nachbarlands einmischen, sagten Redner. Im Osten der Ukraine wiederum demonstrierten Tausende Menschen für einen Beitritt der Region zu Russland.
Obama und Merkel fordern Rückzug russischer Truppen
US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel haben den Rückzug russischer Soldaten von der ukrainischen Halbinsel Krim gefordert. Das teilte das Weiße Haus nach einem Telefonat der Politiker mit. Zugleich verlangten sie den Zugang internationaler Beobachter in die Krisenregion. Russland müsse der Bildung einer internationalen Kontaktgruppe rasch zustimmen, die zu einem direkten Dialog zwischen der Ukraine und Russland führen solle. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte am Samstag in Berlin mit, beide seien sich "in der Einschätzung des inakzeptablen russischen Vorgehens" einig gewesen und wollten sich weiter engstens abstimmen.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte den Westen zu einem "Dialog ohne Beschuldigungen" auf. "Wir sind zu partnerschaftlichen Gesprächen bereit - allerdings akzeptieren wir Versuche nicht, uns als einen Beteiligten des Konflikts in der Ukraine hinzustellen", sagte er am Samstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Lawrow warf der neuen Führung in Kiew erneut vor, nicht legitim an die Macht gelangt zu sein und sprach von einem Umsturz. Direkte bilaterale Gespräche mit dem Nachbarland seien schwierig, da die ukrainische Regierung von radikalen Nationalisten beeinflusst werde.
Russische Truppen übernehmen Grenzschutzposten auf Krim
Auf der Krim ist es unterdessen nach ukrainischen Angaben erneut zu einem Zwischenfall mit russischen Soldaten gekommen. Ukrainische Grenzschützer seien aus einem Außenposten im Osten der Halbinsel vertreiben worden, teilten die Grenztruppen am Samstag in Kiew mit. Sie hätten samt Familien ihre Wohnungen mitten in der Nacht verlassen müssen. Die Russen seien dabei rabiat vorgegangen und hätten einen Offizier geschlagen sowie ein Waffenlager konfisziert. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.
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Die Lage auf der Krim ist seit Tagen gespannt. Nach dem Umsturz in Kiew übernahm Russland faktisch die Kontrolle über die Halbinsel, die Stützpunkt der russische Schwarzmeerflotte ist. Russische Sicherheitskräfte in Uniformen ohne Abzeichen haben die Kasernen des ukrainischen Militärs auf der Halbinsel umstellt. Die Regionalregierung will sich Russland anschließen und hat die ukrainischen Soldaten aufgefordert, ihre Stützpunkte den Russen zu übergeben.
Russische Politikerin wirbt für Krim-Anschluss an Russland
Moskau stellte gut eine Woche vor dem geplanten Krim-Referendum der Schwarzmeer-Halbinsel die Eingliederung in die Russische Föderation in Aussicht. Die Staatsduma könnte nach Angaben aus Moskau bereits am 21. März über ein Gesetz zum Beitritt abstimmen.
Die Vorsitzende des Föderationsrates, Valentina Matwijenko, versprach bei einem Treffen mit Krim-Parlamentschef Wladimir Konstantinow, als Teil Russlands werde die Krim künftig mehr Rechte haben als in der Ex-Sowjetrepublik Ukraine. "Wenn eine solche Entscheidung bei dem Krim-Referendum getroffen wird, dann wird die Republik zu einem gleichberechtigten Subjekt der Russischen Föderation mit allen Rechten und Vollmachten", kündigte Matwijenko eine Woche vor der am 16. März geplanten Volksabstimmung an. Die Bürger der Krim würden alle Rechte russischer Staatsangehöriger haben, gleiche Löhne, Renten und gleichen Anspruch auf Sozialleistungen.
UN-Sicherheitsrat verschiebt Treffen zur Lage in der Ukraine
Eine Zustimmung der russisch dominierten Bevölkerung auf der Krim gilt als sicher. Die Halbinsel gehört völkerrechtlich zur Ukraine, die das Vorgehen Moskaus für einen Bruch internationalen Rechts hält.
Zur Abweisung von OSZE-Beobachtern auf der Krim erklärte der ständige Vertreter Russlands bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Wien, Andrej Kelin, nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass: Eine Entsendung einer solchen Delegation sei "zwecklos" ohne Zustimmung der Behörden auf der Krim oder in den östlichen ukrainischen Regionen. Ein Mandat für eine solche Beobachtermission müssten diese Regionen erteilen.
Russland will auf Sanktionen reagieren
Russland erwägt im Falle von US-Sanktionen gegen Moskau einen Stopp der gegenseitigen Waffeninspektionen. Die Kontrolle etwa von Atomarsenalen erfordere Vertrauen, aber die "unbegründeten Drohungen" der USA und Nato seien eine "unfreundliche Geste", sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums in Moskau am Samstag der Agentur Itar-Tass. Russland und die USA hatten sich in einem seit 2011 gültigen Vertrag zu einer Verringerung strategischer Offensivwaffen sowie zu gegenseitigen Besuchen von Inspekteuren verpflichtet.
Unterdessen wollen Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Samstag erneut versuchen, auf die ukrainische Halbinsel Krim zu gelangen. Bis zum Ende der Mission am kommenden Mittwoch würden alle unterschiedlichen Strecken ausprobiert und alle diplomatischen Mittel genutzt werden, sagte OSZE-Sprecherin Cathie Burton in Wien. Prorussische Bewaffnete hatten den Beobachtern bereits am Donnerstag und Freitag an unterschiedlichen Kontrollposten den Zugang zur Krim verwehrt. Die rund 50 Experten aus 28 Ländern sollen noch bis nächsten Mittwoch die militärischen Aktivitäten Russlands in der Ukraine beobachten.
Russland kontrolliert seit einer Woche die Krim
Ein weiteres Treffen des UN-Sicherheitsrates zur Lage in der Ukraine sei inzwischen von Samstag auf Montag verschoben worden, sagte ein Sprecher der ukrainischen UN-Delegation Itar-Tass. Die Krise in der Ukraine hat den Sicherheitsrat bereits viermal beschäftigt.
Merkel setzt in der Ukraine-Krise weiter auf Diplomatie und drängt den russischen Präsidenten Wladimir Putin, sich an einer Kontaktgruppe zur Lösung der Krim-Krise zu beteiligen. "Wir erwarten innerhalb weniger Tage die Bildung eines diplomatischen Gremiums und dann auch sehr schnell Ergebnisse", sagte Merkel am Freitag nach einem Treffen mit dem irischen Premierminister Enda Kenny in Dublin.
Russland, das in Sewastopol seine Schwarzmeerflotte stationiert hat, kontrolliert seit einer Woche die mehrheitlich von Russen bewohnte Krim. Moskau bestreitet aber, Soldaten außerhalb vereinbarter Bereiche einzusetzen. Bewaffnete in Uniformen ohne Hoheitsabzeichen seien "Selbstverteidigungskräfte". Die prowestliche neue Führung in Kiew beklagt hingegen, die ukrainischen Kasernen auf der Halbinsel würden von moskautreuen Einheiten blockiert. (dpa)