Washington. Ob Syrien, Iran, Menschenrechte, Raketenabwehr oder Obdach für Edward Snowden: Die Beziehungen zwischen Amerika und Russland sind nicht erst seit der Krim-Krise stark abgekühlt. Durch die de-facto-Annektierung der zur Ukraine gehörenden Halbinsel Krim droht jetzt eine längere Frostperiode.
Der Stil, in dem Moskau in Schlägermanier Einflusszonen im früheren sowjetischen Raum unter Missachtung des Völkerrechts neu vermisst, hat in Washington den letzten Rest an Hoffnung auf eine Ko-Existenz, die altes Systemdenken überwindet, zerstört.
Zwar reden die Präsidenten Barack Obama und Wladimir Putin inmitten der Krise noch miteinander. Und wenn die Minutenangaben von Kreml und Weißem Haus nicht geschönt sind, dann sogar ausgiebiger als je zuvor. Eine Verständigung darüber, was in der Ukraine geht und was gar nicht, liegt jedoch in weiter Ferne.
Putins Sucht, von amerikanischer Schwäche profitieren zu wollen
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Während Obama auf territoriale Unversehrtheit der Ukraine pocht, betrachtet der russische Präsident die Dinge zwischen Kiew und Krim mit einer Mischung aus Großmannssucht und Chuzpe als Familienangelegenheit. Ein Teil-Volksbegehren unter Besatzungsmacht-Bedingungen soll der Krim den Weg zurück zu Mütterchen Russland ebnen.
Diese Demokratie-Verhöhnung besiegelt das Ende einer politischen Verirrung. Nach der vergifteten Bush-Ära wollte Obama 2009 Russland durch mehr Respekt zu mehr Verantwortlichkeit auf der Weltbühne bringen und die überkommene Rivalität überwinden. Moskau sollte am Aufbau einer neuen Weltordnung beteiligt werden, ohne dabei ständig Demokratiedefizite vorgehalten zu bekommen und dämonisiert zu werden. Mehr noch. Russland sollte gleichwertiger Bestandteil einer euro-atlantischen Sicherheitsarchitektur werden und so den allmählich den Reflex verlieren, Nato und EU als Aggression gegen eigene Sicherheitsinteressen zu begreifen.
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Doch Putins Sucht, von amerikanischer Schwäche profitieren zu wollen, erwies sich als stärker. Nach dem kurzen politischen Frühling unter Medwedew ist Antiamerikanismus Maxime russischer Außenpolitik. Dazu verleitet hat Putin ein Präsident im Weißen Haus, der die Politik des „Njet“ seines Gegenüber zu spät erkannt hat.
Putin hält Obama für einen Schwächling, der Amerikas Streitkräfte radikal beschneidet, den Welt-Polizisten USA aufs Altenteil schickt, in Krisen-Situationen gerne rote Linien markiert – und am Ende den Schwanz einzieht. Putin konnte sich in der Ansicht bestätigt fühlen, dass man gegenüber Amerika mit Provokation und Sturheit am meisten erreicht.
Energie als Machtfaktor
Aus dieser Konstellation Chancen für eine Kooperation zwischen Washington und Moskau zu destillieren, erscheint schwer möglich. In Washington hält man sich mit der Einschätzung aufrecht, dass Putin bei aller Brutalität kein Hasardeur ist, sondern auf nachhaltigen Druck reagiert.
Verwundbar wäre Russland,bei seinem einzigen großen Plus: Energie. Wenn die USA aus ihrem neuen Öl- und Gas-Reichtum einen Machtfaktor bauen und sich Europa als verlässlicher Lieferant anbieten, verflüchtigt sich manches, was derzeit aus Moskau kommt. Für die Krim kommt diese Option allerdings zu spät.
Konflikt um die Ukraine