Berlin. . Am Mittwochabend trifft Bundespräsident Joachim Gauck zu einem zweitägigen Staatsbesuch in Griechenland ein. Die Visite ist alles andere als Routine. Aktuell sind die Beziehungen beider Völker nicht gerade harmonisch. Das wird Gauck zu spüren bekommen.
Es ist eine der schwierigsten Reisen, die der Bundespräsident bisher unternommen hat: Wenn Joachim Gauck heute zum dreitägigen Staatsbesuch in Athen eintrifft, wird er zu spüren bekommen, wie belastet die deutsch-griechischen Beziehungen wegen der Euro-Schuldenkrise noch immer sind. Mit Massenprotesten wie bei der Kurzvisite der Kanzlerin vor anderthalb Jahren ist zwar nicht zu rechnen, aber scharfe Kritik wird Gauck zu hören bekommen – spätestens, wenn er morgen Oppositionsführer Alexis Tsipras trifft.
Gerade ist die Euro-Troika wieder in Athen, viele Griechen sehen die EU-Auflagen für die Hilfskredite als Ursache der schweren Wirtschafts- und Beschäftigungskrise.
Gauck kommt in zweifacher Mission: als Mutmacher und als Versöhner. Bei Gesprächen mit Präsident Karolos Papoulias, bei Treffen mit Parlamentariern, Unternehmern, Jugendlichen und Intellektuellen will er dazu ermutigen, auf dem schwierigen Weg der Reformen jetzt nicht nachzulassen, da doch erste Erfolge erkennbar sind.
Signale der Versöhnung
Im Akropolis-Museum wird Gauck eine europapolitische Rede halten – und daran erinnern, was Europa den Griechen verdankt. Noch größere Beachtung aber dürften die Signale der Versöhnung finden, die Gauck am Tag darauf aussenden will: Er besucht zusammen mit Präsident Papoulias das kleine Dorf Lingiades an der albanischen Grenze, wo Wehrmachtssoldaten 1943 in einer Vergeltungsaktion mindestens 82 Menschen wahllos massakrierten, darunter viele Kinder und Frauen. Gauck wird um Vergebung bitten und sich in einer Rede der historischen Verantwortung Deutschlands stellen.
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Das hat er zwar auch an Gedenkstätten in Frankreich, Italien und Tschechien schon getan, aber die Geste ist in Griechenland besonders ersehnt, weil man dort das Gefühl hat, an die deutschen Verbrechen in Hellas während der Besatzungszeit von 1941 bis 1944 wolle sich in der Bundesrepublik niemand mehr erinnern.
Griechen reden von Geld
Aber ob Gaucks Versöhnungsworte genügen? Viele Griechen erhoffen sich mehr: Reparationsforderungen an Deutschland sind wieder ein Thema in Athen, von Ansprüchen auf bis zu 162 Milliarden Euro ist die Rede für Schäden durch die Besatzung. Die Jüdische Gemeinde von Thessaloniki hat sich mit einer Forderung von 50 Millionen Euro an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt. Auch eine Zwangsanleihe, die Nazi-Deutschland Athen abgepresst hatte, wurde nie zurückzahlt, allein diese Rückforderung könnte sich auf rund sechs Milliarden Euro belaufen.
Viel erklären kann Gauck da nicht, die deutsche Haltung ist klar: Die Bundesregierung lehnt alle Reparationsforderungen strikt ab und verweist darauf, dass mit dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag zur Wiedervereinigung die durch den Krieg entstandenen Rechtsfragen endgültig geregelt worden seien. „Die Reparationsfragen sind umfassend und abschließend geklärt“, bekräftigte ein Regierungssprecher diese Woche.
Gauck wird davon nicht abweichen, aber es deutet sich an, dass er dafür an anderer Stelle finanzielle Zeichen setzt. Das geplante deutsch-griechische Jugendwerk und ein gemeinsamer Zukunftsfonds sind Projekte, bei denen der Präsident wohl konkrete Zusagen machen dürfte.