Athen. .

Die Residenz des deutschen Botschafters in Athen liegt nicht in einer ruhigen Gegend. Der Wohnsitz des Diplomaten befindet sich an der vielbefahrenen Straße des Nationalen Widerstandes im Athener Vorort Chalandri. Doch nicht vom Verkehrslärm wurden der Hausherr Wolfgang Dold und seine Familie am frühen Montagmorgen gegen 3.30 Uhr geweckt, sondern von Gewehrsalven.

Mehrere Männer hatten sich aus einer gegenüberliegenden Seitenstraße der Residenz angenähert. Sie hatten automatische Gewehre dabei und nahmen das Gebäude unter Beschuss. Mehrere Geschosse schlugen in die Fassade der Botschafterwohnung ein, andere in den hohen stählernen Sicherheitszaun, der das Grundstück umgibt.

Schützen verschwinden unerkannt

Verletzt wurde niemand, auch nicht der Polizeibeamte, der in einem schusssicheren Unterstand am Tor der Residenz Wache hielt. Nach wenigen Augenblicken verschwanden die Schützen unerkannt. Am Tatort fanden die Ermittler rund 60 Patronenhülsen. Bei den Tatwaffen handelt es sich vermutlich um Kalaschnikow-Sturmgewehre. Die Polizei erhofft sich jetzt von der Auswertung zahlreicher Sicherheitskameras Erkenntnisse über die Täter. Es könnte sich um Mitglieder einer linksextremen Terrorgruppe handeln.

Gestern morgen setzten sich Ministerpräsident Antonis Samaras, Außenminister Evangelos Venizelos und der für die Polizei zuständige Minister für öffentliche Ordnung, Nikos Dendias, mit Botschafter Dold telefonisch in Verbindung. Samaras telefonierte wegen des Vorfalls auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die griechische Regierung verurteilte den Angriff scharf. Man werde die Täter fassen und vor Gericht stellen, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte den Anschlag, der durch „nichts, aber auch gar nichts zu rechtfertigen“ sei. Es werde den Tätern nicht gelingen, die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Griechenland kaputtzumachen, erklärte Steinmeier.

Anlässlich des Anschlags vom Montag unterstreichen jetzt zwar Diplomaten und Politiker die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Griechenland und Deutschland. Die Eurokrise hat aber beide Länder einander stark entfremdet. Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble sind in Griechenland die mit großem Abstand unbeliebtesten ausländischen Politiker. Sie gelten als treibende Kraft hinter den Auflagen für die EU-Hilfskredite, die viele Griechen als „Spardiktat“ empfinden. Nach einer Umfrage vom Herbst dieses Jahres sehen sogar 23 Prozent der Griechen in Deutschland „eine Bedrohung“ für ihr Land.