Berlin. . Aus Union und Opposition wird immer offener der Verdacht ausgesprochen, Edathy könnte einen Tipp aus der SPD-Spitze bekommen haben, dass er im Visier der Ermittler wegen Kinderpornografie steht. Edathy streitet das vehement ab. Auch die Kanzlerin hat Fragen.
Am Donnerstag debattiert das Parlament über die Affäre Edathy, dort will SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sich erklären. Aber ob dann alles geklärt ist? In der Affäre häufen sich die Widersprüche und Merkwürdigkeiten:
Wurde Edathy gewarnt?
Die zentrale Frage: Bekam der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy einen Tipp aus der Politik, dass ihn Ermittler im Zusammenhang mit einem Kinderporno-Fall im Visier haben? Edathy bestritt das am Wochenende und versicherte, er habe Mitte November durch Presseberichte vom Schlag gegen die kanadische Firma erfahren, bei der er selbst Fotos von nackten Jungs bestellt hatte – „präventiv“ habe sein Anwalt Kontakt mit Behörden aufgenommen. Mittlerweile ist klar: Es gab wohl einen Tipp-Geber.
Auch Oppermann glaubt, Edathy habe durch Medienberichte gesehen, dass „etwas auf ihn zukommen könnte“. Doch merkwürdig ist, dass sich Edathys Anwalt zwei Wochen später telefonisch bei der Staatsanwaltschaft Hannover meldete mit Detailkenntnissen, die nicht aus den Medien stammen konnten. Laut Vermerk der Vize-Behördenchefin, aus dem der Spiegel zitiert, erklärte der Anwalt, „sein Mandant habe Gerüchte gehört, wonach ein Verfahren gegen ihn über das BKA an die Generalstaatsanwaltschaft Celle gegeben worden sei“. Es habe, so der Anwalt, „irgendetwas mit Kinderpornografie zu tun“. Die Akte wurde streng vertraulich behandelt – und lag in Hannover noch gar nicht vor.
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Aus der Union und der Opposition wird immer offener der Verdacht ausgesprochen, die SPD-Spitze könne Edathy – womöglich über einige Ecken – einen Tipp gegeben haben. Oppermann und Parteichef Sigmar Gabriel bestreiten das vehement. Doch wenn die Staatsanwaltschaft tatsächlich Ermittlungen wegen Strafvereitelung aufnimmt, wird es auch für die SPD-Führung ungemütlich: Gabriel und Oppermann dürften mindestens als Zeugen gehört werden.
Was sagte BKA-Chef Ziercke?
SPD-Fraktionschef Oppermann steht unter Druck, weil er den Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, belastete: Oppermann hatte am Donnerstag schriftlich behauptet, Ziercke habe ihm bei einem Telefonat im Oktober die Informationen zum Fall Edathy „bestätigt“. Der BKA-Chef widersprach sofort. Eine „Bestätigung“ hieße, dass Ziercke Dienstgeheimnisse an einen Außenstehenden verraten hätte – was ihn das Amt kosten könnte.
Oppermann, der als Jurist die Tragweite kannte, blieb danach ausdrücklich bei seiner Version. Erst gestern korrigierte er: Ziercke habe ihm keine Einzelheiten genannt und die ihm vorgetragenen Informationen nicht kommentiert – daraus will Oppermann dennoch den Schluss gezogen haben, es könne ein Ermittlungsverfahren geben. CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagt: „Oppermann bringt Ziercke in riesige Schwierigkeiten, in die gleichen wie Friedrich.“ Die Opposition wirft Oppermann vor, er habe seine Befugnisse überschritten. FDP-Vize Wolfgang Kubicki droht dem Fraktionschef gar mit Strafanzeige wegen Anstiftung zum Geheimnisverrat.
Warum handelte Edathy?
Die Staatsanwaltschaft Hannover schickte am 6. Februar ein vertrauliches Schreiben an Bundestagspräsident Norbert Lammert, in dem die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mitgeteilt wurde. Am selben Tag gab Edathy seine Erklärung zum Mandatsverzicht ab. Begründung damals: Gesundheitsprobleme. Begründung heute: „Erschöpfungssymptome“, zudem habe er Ermittlungen nicht ausschließen können. Erst am 12. Februar landet das Schreiben des Staatsanwalts bei Lammert – offenbar schon geöffnet.