Berlin. . Der Kinderporno-Verdacht gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy wird zum Polit-Krimi: Möglicherweise ist Edathy frühzeitig über drohende Ermittlungen informiert worden. Die Berliner Staatsanwalt prüft, ob sie wegen Verdachts auf den Verrat von Dienstgeheimnissen ermitteln muss.
Der Kinderporno-Verdacht gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy wird zum Polit-Krimi: Möglicherweise ist Edathy frühzeitig über drohende Ermittlungen informiert worden.
Der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat schon im Oktober auf Grundlage von BKA-Informationen SPD-Chef Sigmar Gabriel über den Fall in Kenntnis gesetzt, der wiederum weihte die SPD-Fraktionsführung ein. Die Berliner Staatsanwalt prüft, ob sie wegen Verdachts auf den Verrat von Dienstgeheimnissen ermitteln muss.
Der inzwischen ins Agrarressort gewechselte Friedrich und SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann versicherten gestern zwar, es sei in dem Fall ausdrücklich nicht um strafbare Inhalte gegangen, die Informationen seien vertraulich behandelt worden.
Datenspeicher zerstört
Doch die ermittelnde Staatsanwaltschaft Hannover zeigte sich empört und warnte, es sei die Grenze zur Strafvereitelung erreicht. Die Staatsanwaltschaft äußert sich offiziell noch nicht zum konkreten Verdacht gegen Edathy, doch stehen ihre Ermittlungen offenbar im Zusammenhang mit einer internationalen Operation gegen einen Kinderporno-Ring. Edathy bestreitet vehement, Kinderpornografie zu besitzen.
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Die Staatsanwaltschaft beklagt, dass die Durchsuchungen seiner Wohnungen und Büros am Montag und Mittwoch weitgehend erfolglos waren. Offenbar wurde nur ein Computer sichergestellt, weitere Datenspeicher sollen zerstört worden sein.
Ex-Innenminister Friedrich unter Verdacht
Am Donnerstag hatte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann die Bombe platzen lassen: „Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wurde im Oktober 2013 von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) darauf angesprochen, dass im Rahmen von Ermittlungen im Ausland der Name von Sebastian Edathy aufgetaucht sei.“
So beginnt eine schriftliche Erklärung Oppermanns, die einem dubiosen Fall von Kinderporno-Verdacht gegen einen zurückgetretenen Bundestagsabgeordneten eine politische Dimension verleiht.
War Edathy eingeweiht?
Innenminister und SPD-Spitze waren früh informiert, dass Edathy brisante Ermittlungen drohen. Die heikle Frage: War auch Edathy eingeweiht? Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen des Verdachts auf Verrat von Dienstgeheimnissen eingeleitet, die sich wohl gegen Ex-Innenminister Friedrich richten dürften.
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Dieser Teil der Affäre beginnt im Oktober 2013, nach der Bundestagswahl. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat Informationen über mehrere deutsche Verdächtige, die in einen internationalen Fall von Kinderpornografie verwickelt sein sollen. In diesem Zusammenhang taucht auch der Name Edathy auf.
Vertrauliche Info während der Koalitionsverhandlungen
Der 44-jährige Bundestagsabgeordnete soll über Jahre hinweg Filme und Fotos mit Nacktaufnahmen von Kindern bei einer kanadischen Firma bestellt und erhalten haben – die Aufnahmen zeigen offenbar keine sexuellen Handlungen und sind angeblich auch sonst so angefertigt, dass sie nach deutschem Recht nicht strafbar sind.
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Ende Oktober erfährt Minister Friedrich von den BKA-Informationen. Er ließ gestern versichern, dass er von einer Namensliste mit Edathys Erwähnung erfahren habe. Er will sich versichert haben, dass es nicht um strafrechtliche Vorwürfe gehe. In Berlin laufen zu dem Zeitpunkt bereits Koalitionsverhandlungen, wegen der „politischen Dimension“ informiert Friedrich SPD-Chef Gabriel vertraulich – und verletzt so womöglich das Amtsgeheimnis.
Bei Gabriel kommt die Information so an, dass es einen Zusammenhang mit einem Kinderporno-Fall gibt. Er informiert SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Fraktionsgeschäftsführer Oppermann. Der ist es schließlich, der gestern Details offenlegt und damit auch andere zum Erzählen zwingt.
Gabriel, Steinmeier und Oppermann vereinbaren Vertraulichkeit
Die Mitteilung erfolgt nicht ganz freiwillig: In Berlin hatten sich Spekulationen verdichtet, die SPD-Spitze müsse schon früh informiert gewesen sein, sonst hätte sie den bis dahin als Innenexperten hochgeschätzten Edathy nicht zum einfachen Abgeordneten degradiert.
Oppermann, selbst Jurist, ahnt, dass die Sache publik wird, geht also in die Offensive: Auch er betont, bei der von Friedrich weitergereichten Information habe es sich „ausdrücklich nicht um strafbare Inhalte“ gehandelt. Allerdings habe Gabriel von Friedrich auch den Hinweis erhalten, dass es „möglicherweise zu strafrechtlichen Ermittlungen kommen“ werde.
Oppermann versichert, Gabriel, Steinmeier und er hätten Vertraulichkeit vereinbart, „um mögliche Ermittlungen nicht zu gefährden“. Doch im Dezember informiert Oppermann auch die Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht über den Fall; die hatte noch am Dienstag öffentlich jede Kenntnis bestritten. Und Oppermann spricht mit dem SPD-Innenexperten Michael Hartmann über Edathy. Noch im Oktober ruft Oppermann BKA-Chef Jörg Ziercke an – der habe die Informationen über Edathy bestätigt.
Durchsuchung wenig erfolgreich
Ziercke aber dementierte gestern, die Vorwürfe bestätigt zu haben. Oppermann wiederum versichert, er habe mit Edathy bis zu seinem Rücktritt keinen Kontakt in der Angelegenheit gehabt. Das beteuern auch die anderen SPD-Spitzenleute. Aber der Verdacht, dass doch jemand Edathy gewarnt hat, steht im Raum: Nach Medienberichten hat ein Anwalt Edathys schon im Dezember bei Staatsanwaltschaften nach Ermittlungen gefragt. Im Januar lässt sich der Abgeordnete krankschreiben.
Letzten Donnerstag erklärt er den Verzicht auf sein Mandat, am Montag rücken die Ermittler an, durchsuchen seine Wohnungen und Büros. Die Ermittler finden kaum Material. Offenbar sind Rechner entfernt worden, von zerstörten Festplatten ist die Rede und einer wenig erfolgreichen Durchsuchung. Ein Zufall?