Berlin. Eine neue genmanipulierte Maissorte könnte demnächst auf Europas Feldern angebaut werden. Die Bundesregierung hat sich bei der Abstimmung in Brüssel enthalten und erntet deshalb scharfe Kritik. Da die nötige Stimmenzahl für eine Ablehnung nicht zustande kam, wird die EU-Kommission den Genmais wohl zulassen.

Die SPD-Verbraucherpolitikerin Elvira Drobinski-Weiß hat die schwarz-rote Bundesregierung wegen ihrer Enthaltung bei der Zulassung von Genmais kritisiert. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) habe recht, wenn er der Regierung Versagen vorwerfe, sagte die Bundestagsabgeordnete am Mittwoch im ARD-"Morgenmagazin".

Die große Koalition habe sich nicht auf eine gemeinsame Linie einigen können, weil neben Bundesforschungsministerin Johanna Wanka und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (beide CDU) auch Kanzlerin Angela Merkel aufgeschlossen für die Neuerung sei, sagte Drobinski-Weiß: "Die Kanzlerin will den Genmais." Mit der Enthaltung habe sich die Regierung schließlich auch dem Druck der einflussreichen Nahrungsmittelhersteller gebeugt.

Grüne: Bundesregierung hätte Genmais verhindern müssen

Scharfe Kritik an der Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung kommt vor allem von der Opposition: "Die Bundesregierung hätte sich der Zulassung in den Weg stellen und sie verhindern können, stattdessen hat sie dem Genmais Tür und Tor geöffnet", sagte Grünen-Chefin Simone Peter der "Passauer Neuen Presse". "Damit tragen CDU, CSU und die SPD Verantwortung dafür, wenn Gentechnik jetzt auf die Äcker und auf die Teller kommt." Die Berliner Regierungspartner hatten keine gemeinsame Position in der Frage finden können.

Bei dem Treffen der EU-Europaminister am Dienstag hatten sich zwar 19 der 28 Teilnehmer gegen die Genehmigung ausgesprochen. Allerdings kam dabei nicht die nötige Stimmenzahl für eine Ablehnung zusammen. Damit liegt die Entscheidung bei der EU-Kommission, die dem Genmais 1507 offen gegenübersteht. "Die Ermöglichung der Zulassung des Genmais in Brüssel ist ein Offenbarungseid dieser Bundesregierung und ein Dammbruch für Gentechnik in Europa", sagte Peter weiter.

Gefahr für Umwelt und Vielfalt

Der genveränderte Mais der US-Saatgutfirma Dupont Pioneer ist resistent gegen bestimmte Pflanzenschutzmittel und Mottenlarven. Kritiker sehen Gefahren für die Umwelt und die Vielfalt der Natur.

Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will nun den Genmais über eine Ausstiegsklausel von deutschen Feldern fernhalten. "Ich halte die Zulassung dieser gentechnisch veränderten Pflanze in Europa weder für erforderlich noch für sinnvoll", bekräftigte er im "Handelsblatt" (Mittwoch). Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte der "PNP": "Wenn es eine Zulassung gibt, bin ich dafür, dass die Bundesländer selbst über den Anbau entscheiden können."

Bauern werfen Regierung Wortbruch vor

Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) kündigte an, die Thematik im Falle der Zulassung als Vorsitzender der Verbraucherministerkonferenz in den Bundesrat einzubringen. "Dort werde ich mich für eine bundeseinheitliche Regelung einsetzen, mit dem Ziel, den Anbau von TC1507 zu verhindern", machte Backhaus am Dienstag deutlich. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) warf der Bundesregierung in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) Wortbruch vor.

Hessens Umweltministerin Priska Hinz sprach sich für ein generelles Verbot genetisch veränderter Organismen in der EU aus. "Das Verbraucherverhalten in Deutschland und in Europa spricht eine eindeutige Sprache", sagte die Grünen-Politikerin der "Frankfurter Rundschau". (dpa)