Brüssel. .
Trotz Widerstands einer Mehrheit der Bürger und der Mitgliedsländer der EU kann der umstrittene Gen-Mais 1507 womöglich demnächst auf Europas Äckern angebaut werden. In einer Sitzung der EU-Europaminister kam gestern wie erwartet die erforderliche Stimmenzahl gegen die Zulassung des umstrittenen Produkts des US-Herstellers DuPont Pioneer nicht zustande. Es ist dank Umbaus im Gen-Labor gegen bestimmte Schädlinge und Unkrautvernichter immun. Umweltschützer warnen, der Pioneer-Mais stelle ein unabsehbares Risiko für die Artenvielfalt dar. Nun ist die EU-Kommission am Zuge. Sie kündigte an, den Anbau genehmigen zu wollen.
Deutschland enthielt sich der Stimme, weil die Große Koalition in Berlin in der Angelegenheit gespalten ist. SPD und CSU sind gegen Zulassung, die CDU ist dafür. Dementsprechend stehen auch die Ministerien für Umwelt, Landwirtschaft und Wirtschaft (contra) gegen die Ressorts Gesundheit und Forschung (pro). Unter diesen Umständen sieht die Geschäftsordnung der Bundesregierung eine Enthaltung vor. Staatsminister Michael Roth vom Berliner Auswärtigen Amt, der die Bundesregierung in der Sitzung vertrat, verwies darauf, dass ihm die Hände gebunden gewesen seien. Persönlich lehne er als SPD-Politiker die Zulassung ab.
Gegner waren in der Überzahl
In der auf Drängen Frankreichs anberaumten Aussprache waren die Gegner der Zulassung eindeutig in der Überzahl. Sie äußerten zum Teil in scharfer Form Empörung, dass das EU-Entscheidungsverfahren dennoch eine Genehmigung ermögliche. „Wenn 16 oder 17 Staaten dagegen sind, ist es für den Bürger unverständlich, dass man trotzdem Gen-Mais anbauen darf“, meinte der französische Europaminister Thierry Repentin. EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg räumte ein, dass die Brüsseler EU-Zentrale jetzt ein „heißes Eisen“ in den Händen halte. Wenn sie dennoch dabei bleibt und den Gen-Mais zulässt, können die Mitgliedsstaaten den Anbau nur noch stoppen, falls sie neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Gefahren vorweisen. Der Grünen-Politiker Sven Giegold, männlicher Spitzenkandidat seiner Partei für die Europawahl, machte die Bundesregierung dafür verantwortlich, dass die erforderliche Stimmenzahl gegen den Mais nicht zusammenkam. „Wir wollen in NRW keinen Gen-Mais auf unseren Feldern!“
Scharfe Kritik von Umweltschützern
Die Pflanze wurde so verändert, dass sie gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat resistent ist. Außerdem produziert der Mais ein Insektengift, um sich vor dem Maiszünsler zu schützen. Mit dem Schädling haben auch deutsche Bauern zu kämpfen. Umweltschutzorganisationen warnen jedoch, dass die Folgen für die Umwelt und Risiken für andere Insekten wie Bienen und Schmetterlinge nicht ausreichend geklärt seien. Greenpeace erklärte, die EU-Kommission handele „illegal“, wenn sie den Mais trotz dieser Risiken und des Widerstandes unter den EU-Staaten zulasse.
Auch der Naturschutzbund NABU reagierte entsetzt. Wenn der Genmais zugelassen werde „steigt automatisch der Einsatz von Glufosinat. Dieses Unkrautbekämpfungsmittel gehört zur Gruppe besonders gefährlicher Pestizide“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) sprach von einem „Armutszeugnis für die Große Koalition“ und einem „Affront gegenüber allen Verbrauchern“. Tatsächlich lehnen 88 Prozent der Deutschen den Anbau von Genmais ab. Die Verbraucherschutzorganisation „Footwatch“ warf der Bundesregierung vor, sich mit ihrer Enthaltung zum „Handlanger der Gentechnik-Industrie“ gemacht zu haben.
Ob und in welchem Ausmaß der Anbau genmanipulierter Pflanzen negative Auswirkungen auf Fauna und Flora hat, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt.