Essen. Die Diäten der Bundestagsabgeordneten sollen kräftig steigen. Unsere User reagieren empört und prangern die “Geldgier“ und “Dreistigkeit“ der Politiker an. Doch es gibt auch einige Stimmen, die Verständnis zeigen.
Mit gleich zwei Erhöhungen und einem Plus von zusammen fast zehn Prozent gönnen sich Deutschlands Bundestagsabgeordnete eine stattliche Diäten-Erhöhung. In zwei Schritten sollen die Bezüge bis 2015 auf 9082 Euro steigen. Bei vielen Nutzern unseres Online-Portals löste diese Nachricht einen Sturm der Entrüstung aus.
„Eine Unverschämtheit ist das“, kommentiert etwa G.Schmidt. „Die Renten werden um ein Prozent erhöht oder gar nicht. Die Preise steigen und steigen. Die Löhne allerdings nicht.“ Was diese geldgierigen Politiker angehe, könne man nur noch mit dem Kopf schütteln. „Erhöhungen in dieser Größenordnung sind an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten“, findet auch User notarius. Ein Rentner müsse dafür fünfzehn Beitragsjahre einzahlen.
„Was kümmert uns der Pöbel?“
Micha P. prangert an, dass die Diäten-Erhöhungen „mal so eben und kaum bemerkt“ beschlossen worden sei. Und lenkt die Debatte noch auf ein weiteres vieldiskutiertes Thema: die Nebeneinkünfte der Abgeordneten. „Da scheffeln die richtig Geld und betrachten das Mandat eher wie andere einen 450-Euro-Job. Wer sich für vier Jahre wählen lässt, sollte das auch als Vollzeitjob ausüben“, klagt er. Auch ruhry fordert, „dass ‚mein’ Abgeordneter für diese Gage seine volle Arbeitskraft im Sinne seiner Wähler einsetzt“.
Mit einer Prise Zynismus blickt dagegen Nutzer „klaig“ auf die Diskussion: „Das ist die menschliche Raffgier. Ich würde mir mein Gehalt auch ständig erhöhen, wenn ich selber darüber zu entscheiden hätte.“ Allerdings regt er sich über „das Gezerre beim Mindestlohn“ auf. „Hier zeigt sich das wahre Gesicht der Abgeordneten: ‚Was kümmert uns der Pöbel?’“
„Unsägliche deutsche Neidgesellschaft kommt zu Wort“
Wenige Nutzer verteidigen die steigenden Abgeordneten-Bezüge. „Da kommt die unsägliche deutsche Neidgesellschaft wieder zu Wort“, schreibt Buschtrommler. Er dagegen finde es „viel peinlicher, wenn Fußballspieler, die das Vielfache eines Spitzenpolitikers verdienen, auch noch hochgejubelt werden und wenn Manager Millionen von Abfindungen bekommen“.
Auch ruhry sieht grundsätzlich kein Problem darin, knüpft seine Zustimmung allerdings an eine Bedingung: „Das Ganze bitte voll sozialversicherungspflichtig in dieselben Kassen, in die der Normalo auch einzahlt.“ Da Bundestagsabgeordnete bei den Abgaben wie Beamte behandelt werden, bleibt ihnen unterm Strich deutlich mehr Netto vom Brutto als Angestellten. Sie zahlen weder in die Rentenversicherung noch in die Arbeitslosenversicherung ein.
Harte Kritik auch von der Opposition
Auch die Opposition im Bundestag hat die geplante Diätenerhöhung scharf kritisiert: Linke und Grüne lehnen die von der Koalition geplante Erhöhung der Abgeordnetendiäten im Bundestag als überzogen ab. Die Opposition begründete ihre Kritik am Dienstag in Berlin unter anderem damit, dass eine schnelle und starke Steigerung der Entschädigung in der Öffentlichkeit schlecht ankomme. Die einkommensteuerpflichtigen Diäten sollen nach einem Gesetzentwurf der Koalition bis Anfang 2015 um 830 auf 9082 Euro steigen - auf das Niveau von Bundesrichtern. Union und SPD verteidigten ihre Pläne.
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"Das ist eine gigantische Steigerung", sagte der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi. Zur allgemeinen Lohn- und Rentenentwicklung passe dies nicht. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte: "Ich halte das für völlig unangemessen in so kurzer Zeit." SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann nannte die Ausrichtung der Diäten an der Besoldung von Richtern hingegen einen "angemessenen Maßstab".
Von 2016 an sollen die Diäten an die Entwicklung der Bruttolöhne in Deutschland gekoppelt werden. Diesen vorgesehenen Automatismus begrüßte Gysi, denn dann müsse der Bundestag nicht mehr selbst über die Frage entscheiden.
Einschnitte bei den Pensionen vorgesehen
Einschnitte soll es laut Koalition bei den Pensionen geben. Können Abgeordnete bisher mit 57 Jahren ohne Abschläge vorzeitig in Rente gehen, soll ein ausgeschiedener Abgeordneter künftig frühestens mit 63 Jahren die Altersversorgung mit Abschlägen beanspruchen können. Der Höchstsatz solle von 67,5 Prozent der Diät nach 27 Mandatsjahren auf 65 Prozent sinken. Bereits an diesem Freitag soll der Bundestag über den Koalitionsentwurf beraten.
Aus Oppositionssicht bleiben die Pensionsansprüche zu hoch. Man müsse dies mit der gesetzlichen Rente vergleichen, argumentierte Göring-Eckardt. "Dann ist das in keiner Weise adäquat." Gysi sagte: "Wir bewegen uns (in Deutschland) auf Altersarmut zu, und gleichzeitig sollen solche Beschlüsse gefasst werden." (meb)