Duisburg. Bei der Debatte über mehr Geld für Stadträte geht es auch um die Frage, ob die Entschädigungen fürs politische Ehrenamt zu niedrig? Die NRZ schlüsselt auf, was den Mandatsträgern in Duisburg eigentlich gezahlt wird.

Die NRW-SPD will die Aufwandsentschädigungen für Lokalpolitiker erhöhen. Zu unattraktiv sei die Arbeit in den Räten und Stadtparlamenten, hieß es jüngst aus der Zentrale der Landesfraktion in Düsseldorf. So sei es immer schwieriger, einen gesellschaftlichen Querschnitt abzubilden, selbst in Großstadtparlamenten: Die meisten Räte seien Pensionäre oder im Öffentlichen Dienst beschäftigt. Jetzt soll ehrenamtliches Polit-Engagement mit mehr Geld geködert werden. Doch wie viel an Aufwandsentschädigung erhalten die Lokalpolitiker im Duisburger Rat und den Bezirksvertretungen eigentlich? Die NRZ hat die Töpfe und Beträge abgefragt. Insgesamt rund 1,5 Millionen Euro hat die Stadt im Vorjahr an die Mandatsträger überwiesen. Dabei geht es nicht nur um Pauschalbeträge und Sitzungsgelder. Die Entschädigungen im Einzelnen:

702.880 Euro haben die Mandatsträger an sogenannten „Monatspauschalen“ erhalten

Die Höhe ist in der NRW-Entschädigungsverordnung geregelt. In Großstädten mit über 450.000 Einwohnern erhalten Ratsmitglieder 425,70 Euro. Auch der Betrag für die Bezirksvertreter richtet sich nach den jeweiligen Einwohnerzahlen. Bezirksvertreter in Homberg erhalten monatlich 180 Euro, in größten Bezirk Mitte sind es 231,40 Euro, in den anderen 205,60 Euro. Doch auch den Bezirksvertretern in Walsum droht bald eine kleinere Aufwandsentschädigung: Der schrumpfende Stadtteil liegt nur noch 211 Einwohner über der Grenze von 50.000.

349.832 Euro hat die Stadt 2012 an Sitzungsgeldern gezahlt

Sachkundige Bürger und Beiräte erhalten ein Sitzungsgeld von 36 Euro. Ratsmitglieder erhalten 17,50 Euro, allerdings für alle möglichen Sitzungsvarianten – ob in Ausschüssen, Bezirksvertretungen oder Beiräten und sogar für interne Fraktionssitzungen. Die Stadt Duisburg hat die Höchstzahl der Fraktionssitzungen, die abgerechnet werden dürfen, zumindest gedeckelt - auf 200 im Jahr. In anderen Städten ist diese Zahl deutlich niedriger. Essen gestattet eine Abrechnung von 150, Düsseldorf von 120, Mülheim von 100, Krefeld sogar nur von 85 Fraktionssitzungen.

Sonderpauschalen, Verdienstausfallentschädigungen und Fahrtkosten 

277.383 Euro wurden im Vorjahr an sogenannten „Sonderpauschalen“ ausgezahlt

Diese erhalten Bürgermeister, Bezirksbürgermeister, Fraktionsvorsitzende und ihre jeweiligen Stellvertreter. Das hervorgehobene Mandat wird entsprechend vergütet, bei den ehrenamtlichen Stellvertretern des Oberbürgermeisters und den Fraktionschefs der großen Parteien zum Beispiel mit dem dreifachen Satz der Monatspauschale, sprich mit zusätzlichen 1275 Euro im Monat.

98.408 Euro zahlt die Stadt an Verdienstausfallentschädigungen

Sämtliche ehrenamtlichen Mandatsträger haben nach der Gemeindeordnung Anspruch auf Ersatz für jede Stunde der versäumten Arbeitszeit. Der Verdienst muss nachgewiesen werden, die Spanne ist den Städten überlassen. Maximal gibt es in Duisburg 19 Euro, der Regelstundensatz liegt bei 8,50 Euro. Mülheim zahlt zwischen 9 und 25 Euro, Krefeld 10 bis 20, Düsseldorf 11 bis 18 und Essen 8 bis 26 Euro.

Zudem gibt es eine Art Hausfrauen-Paragrafen: Wer einen Haushalt von mindestens zwei Personen führt, erhält in Duisburg für die „mandatsbedingte Abwesenheit vom Haushalt mindestens den Regelstundensatz“ von 8,50 Euro.

71.005 Euro hat die Stadt an Fahrtkosten ersetzt

Für den Weg von der Wohnung zum Sitzungsort gibt es laut Landesreisekostengesetz mit dem Auto 30 Cent pro Kilometer, mit dem Motorrad 13 Cent und mit dem Fahrrad 6 Cent pro Kilometer. Allerdings könnte die Stadt den Anspruch auf die Fahrtkostenerstattung auch einfach abgelten, indem sie den Mandatsträgern eine Netzkarte für den ÖPNV im Gemeindegebiet zur Verfügung stellt. So macht es zum Beispiel die Stadt Essen bei ihren Ratsmitgliedern.

340 Euro wurden für Kinderbetreuung erstattet

Die kann für Kinder bis zum 10. Lebensjahr beantragt werden. Die geringe Summe kann sowohl Ausdruck der Altersstruktur als auch der strengen Nachweispflicht sein: Von der Betreuungsperson muss eine unterschriebene Quittung mit allen Details zur Person und Betreuung vorgelegt werden, maximal gibt es 8,50 Euro pro Stunde.

Wie Stadträte in der Spitze auf über 50.000 Euro kommen 

Zugegeben: Die 1,5 Millionen Euro verteilen sich auf eine Menge Köpfe in der Lokalpolitik. Es gibt 74 Ratsmitglieder, in den sieben Bezirksvertretungen sitzen je 19 Vertreter, macht 133, hinzu kommen sachkundige Einwohner in den Ausschüssen und diverse Beiräte (für Senioren, Integration, Menschen mit Behinderung), die aber nur jeweils ein Sitzungsgeld kassieren.

Das Gros der Summe entfällt auf die Stadträte, die Unterschiede richten sich nach Funktion und Rangordnung und sind dementsprechend enorm. Ein Teil der Entschädigungen fließt auch in die Fraktionskassen. In der Spitze übersteigen die Gesamtzahlungen an führende Lokalpolitiker aber durchaus das durchschnittliche Einkommen eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers in NRW von 47.200 Euro.

Ein Beispiel, real existent: Ein Ratsmitglied erhält im Jahr 5100 Euro an Monatspauschalen, als Vorsitzender einer großen Fraktion weitere 15.300 Euro an Sonderpauschalen, hinzu kommen geschätzte 250 abgerechneten Sitzungen im Jahr weitere 4375 Euro. In der Regel sitzt die Fraktionsspitze in wichtigen Aufsichtsräten wie bei der Sparkasse oder den Stadtwerken, wodurch weitere 30.000 Euro an Entschädigungen hinzukommen.

Ein Kommentar von Ingo Blazejewski: Keine Frage des Geldes 

Stadträte tragen Verantwortung, sie entscheiden nicht nur über Freibad-Schließungen und Gebührensätze, sondern über einen Haushalt von 1,4 Milliarden Euro, über Millionen-Deals wie bei der Steag und die künftige Entwicklung der Stadt. Dementsprechend sollen sie auch „entschädigt“ werden.

Die Frage ist eher, ob man dafür über 200 gewählte Mandatsträger braucht. Höhere Pauschalen und Sitzungsgelder werden jedenfalls den gesellschaftlichen Querschnitt nicht verbreitern: Wer beruflich Erfolg haben und dennoch lokalpolitisch mitmischen will, der ist wohl eher auf das Verständnis seiner Familie und seines Arbeitgebers als auf ein paar Euro mehr oder weniger angewiesen.