Sarajevo. . Nach den schweren Ausschreitungen in Bosnien-Herzegowina haben die Demonstranten am Samstag eine “politische Revolution“ gefordert. Demnach sollen beispielsweise die Einkommen aller Politiker an den äußerst niedrigen Durchschnittslöhnen im Land ausgerichtet werden.
Nach den gewaltsamen Protesten in Bosnien mit fast 150 Verletzten ist am Samstag angespannte Ruhe eingekehrt. In Sarajevo war rund um das Präsidialamt ein starker Brandgeruch zu verspüren, nachdem es der Feuerwehr in der Nacht gelungen war, die Flammen in dem Gebäude zu löschen. Die Demonstranten, die am Freitag aus Wut über die verbreitete Armut, Korruption und Misswirtschaft in dem Balkanland auf die Straße gegangen waren, hatten neben dem Präsidialamt auch mehrere weitere Regierungsgebäude in Brand gesetzt.
Das Gebäude der Regionalverwaltung in Sarajevo brannte laut der Feuerwehr weitgehend aus. Auch in Tuzla im Nordosten, in Mostar im Süden, Zenica im Zentrum und in Bihac im Nordwesten gab es gewaltsame Ausschreitungen, bei denen die örtlichen Verwaltungssitze geplündert und in Brand gesetzt wurden. Augenzeugen zufolge hatten sich Hooligans unter die tausenden Demonstranten gemischt. Anwohner kritisierten am Samstag die Gewalt.
Protestierer verlangen Rückabwicklung "krimineller Privatisierungen"
In einem Fünf-Punkte-Katalog verlangen die Protestierer außerdem, dass die "kriminellen Privatisierungen" der Staatsbetriebe rückgängig gemacht und die "Wirtschaftskriminellen" vor Gericht gestellt werden. Die Demonstranten fordern außerdem, dass nach dem Rücktritt der Regionalregierung in Tuzla nur parteilose Experten eine neue Regierung bilden. Die Stadt war am Freitag das Zentrum der Gewalt.
Zehntausende Menschen waren im ganzen Land aus Protest gegen die ihrer Meinung nach unfähigen Politiker auf die Straße gegangen. Gebäude der Regionalregierungen in Tuzla und Sarajevo gingen in Flammen auf. Das bosnische Staatspräsidium wurde ebenfalls angezündet und schwer verwüstet. Wertvolle Bestände des Staatsarchivs verbrannten.
Die Ausschreitungen seien "kein Staatsstreich", sondern "ein Schlag des Volkes gegen die staatliche Mafia", analysierte Innenminister Fahrudin Radoncic die Proteste: "Das sind die Kinder der Eltern, die kein Geld für Brot haben". Die Arbeitslosenquote in Bosnien liegt bei mehr als 44 Prozent. Nach amtlichen Angaben lebt ein Fünftel der 3,8 Millionen Bosnier in Armut, viele leiden Hunger. (afp/dpa)