Düsseldorf. . Neuer prominenter Verdacht auf unsaubere Geldgeschäfte: Der einstige NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) soll einem Magazinbericht zufolge viele hunderttausend Euro in einer Briefkastenfirma in Mittelamerika gehortet haben. Linssen betont, er habe keine Steuern hinterzogen.
Der frühere NRW-Finanzminister Helmut Linssen ist in den Verdacht unsauberer Geldgeschäfte geraten. Der „Stern“ berichtet von knapp 830.000 DM, die der CDU-Politiker zwischen 1997 und 2004 in einer Briefkastenfirma in Mittelamerika verborgen habe.
Eine 2010 vom Land NRW angekaufte Steuer-CD hat offenbar Hinweise auf das Vermögen gegeben, das über die Bank HSBC Trinkhaus & Burkhardt in Luxemburg in einen Trust auf den Bahamas und in Panama geschleust worden sein soll. Von einer sechsstelligen Barabhebung des Politikers in Luxemburg war zudem die Rede.
Linssen bestätigte gegenüber unserer Redaktion zwar im Grundsatz die Geldanlage, betonte jedoch: „Ich habe keine Steuern hinterzogen. Das haben auch Finanzverwaltung und Staatsanwaltschaft bestätigt.“ Bei dem Geld habe es sich um privates Vermögen seiner verstorbenen Eltern gehandelt, „das unsere Familie steuerlich korrekt erwirtschaftet hat“. Er bedaure „den öffentlich zwischenzeitlich entstandenen Eindruck“, sagte der 71-Jährige aus Geldern.
Strafverfahren gegen Linssen 2012 eingestellt
Ein Strafverfahren gegen Linssen wurde 2012 eingestellt. Aufgrund von Verjährungsfristen musste der Ex-Finanzminister nur ausländische Zinserträge für die Jahre 2001 bis 2005 offenlegen. In diesem Zeitraum fielen aber wegen des weltweiten Börsenabschwungs keine Gewinne an.
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Dennoch geriet Linssen, der inzwischen CDU-Bundesschatzmeister und Finanzchef der RAG-Stiftung ist, am Dienstag stark in die Kritik. „Das zeigt, wie richtig es war, alle Steuer-CDs aufzukaufen und alle diese Fälle konsequent zu verfolgen, egal ob Kulturstaatssekretär, verdiente Feministin, oder jetzt womöglich ein ehemaliger Finanzminister“, sagte Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen. „Wenn alle ihre Steuern ordnungsgemäß zahlen würden, hätten wir kein Schuldenproblem. Deshalb muss dieser Sumpf ausgetrocknet werden“, so Priggen.
NRW-Finanzminister Walter-Borjans will Fall nicht kommentieren
NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) lehnte einen Kommentar zu seinem Amtsvorgänger mit Blick auf das Steuergeheimnis ab: „Das ist ein hohes Gut und gilt für jeden“, sagte er der WAZ.
Der SPD-Finanzexperte im Bundestag, Joachim Poß, nannte Linssens Verhalten trotz des eingestellten Strafverfahrens inakzeptabel.
2010 drängte Linssen Steuersünder zur Selbstanzeige
Als Helmut Linssen Anfang 2010 den ersten Kauf einer CD mit offenbar gestohlenen Daten von deutschen Steuerflüchtlingen in der Schweiz einstielte, verteidigte der damalige NRW-Finanzminister mit dem ehrfürchtig geraunten Rufnamen „Eiserner Helmut“ das umstrittene Vorgehen seiner Behörden: Der Staat sei verpflichtet, jedem Verdacht auf Steuerhinterziehung nachzugehen. Würde er dies nicht tun, sei dies „Strafvereitelung im Amt“. Alle Betrüger mit Schwarzgeldkonten im Ausland drängte Linssen zur Selbstanzeige: „Jeder ist gut beraten, wenn er die rechtlichen Möglichkeiten nutzt.“
Wenn sich bestätigt, was der „Stern“ berichtet, fand sich auch Linssens Name im selben Jahr in solch einem brisanten Datensatz, den das Land NRW 2010 ankaufte.
830.000 Euro über Luxemburg auf die Bahamas
Mit Hilfe der Bank HSBC Trinkhaus&Burkhardt habe Linssen 1997 insgesamt 829.322 Mark über Luxemburg in einen Trust auf den Bahamas und später in Panama geschleust. Die letzte Auszahlung, die Linssen bar in Luxemburg abgeholt habe, soll sich über 141.113 Euro belaufen. Das Konto wurde offenbar 2004 geschlossen. Ein Strafverfahren wurde 2012 eingestellt, weil Linssen wegen der Verjährungsfristen nur für die Jahre 2001 bis 2005 nicht versteuerte Zinserträge offenlegen musste. Sein Glück: In diesen Jahren des weltweiten Börsenabschwungs erzielte er keine Gewinne.
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Linssen betonte am Dienstag, dass er keineswegs Schwarzgeld gebunkert, sondern das rechtmäßig erworbene Vermögen seiner verstorbenen Eltern im Ausland angelegt habe. Dennoch hinterließ die Finanzkonstruktion Bahamas-Panama inklusive Geldkoffer-Transfer aus Luxemburg in Düsseldorf einen verstörenden Eindruck.
Wichtiger Kontaktmann für Merkel
Linssen wird in weiten Teilen der Union als „ehrbarer Kaufmann“ verehrt. Er ist als Bundesschatzmeister der CDU seit 2010 der wichtigste Kontaktmann der Parteichefin Merkel zu Großspendern. Zudem verwaltet er als Finanzchef der RAG-Stiftung ein gewaltiges öffentliches Vermögen. Linssens Amtszeit als Finanzminister von 2005 bis 2010 wird von der CDU bis heute als Zeit des soliden Wirtschaftens in Gold gerahmt und zum Gegenentwurf der Arbeit des heutigen SPD-Finanzministers Norbert Walter-Borjans stilisiert.
Linssen, promovierter Diplom-Ökonom aus Geldern am Niederrhein, gilt als Parade-Konservativer. Gescheitelt, geerdet, geradeheraus. Der Porsche-Fahrer hatte einst den Agrarhandel seiner Eltern übernommen und kann mit Menschen ebenso umgehen wie mit Zahlen. 1995 wurde er als CDU-Gegenkandidat zu Ministerpräsident Johannes Rau einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Der heutige finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagfraktion, Marcus Optendrenk, war Büroleiter des Finanzministers Linssen und schwärmte einmal: „Ich habe bei meinem früheren Chef gelernt, dass man nicht mehr Geld ausgeben darf, als man einnimmt. Für mich ist der ehrbare Kaufmann mein politisches Leitbild.“
„Bin makellos herausgekommen“
Geraune über Linssens angebliche private Finanzakrobatik im Ausland gab es in Düsseldorf schon länger. Vor einem Jahr stellte unsere Redaktion eine offizielle Anfrage an die Landesregierung, erhielt aber nur die Auskunft, es liege nichts vor. Als der „Stern“ nun die konkreten Geldflüsse recherchieren konnte, räumte Linssen ein: „Oh Gott. Oh Gott, oh Gott. In grauer Vorzeit. Tja.“ Zugleich betonte er: „Ich bin aus dem Verfahren makellos herausgekommen.“
Wie es sich mit Makellosigkeit und Autorität im eigenen Lager verhält, war am Dienstag schwer abzuschätzen. CDU-Landeschef Armin Laschet hielt sich in der delikaten Angelegenheit bedeckt: „Wir verweisen auf die persönliche Erklärung von Herrn Linssen“, ließ seine Sprecherin ausrichten.