Berlin. . Die Grünen bieten der Großen Koalition überraschend ihre Hilfe an. Die schwarz-rot-grüne Allianz soll das Projekt Energiewende vorantreiben, die Bürger aber von Kosten entlasten. Die Grünen sind offenbar sogar bereit, Kürzungen bei der Windkraftförderung an Land zu akzeptieren.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) macht bei der Energiewende Tempo – und kann dabei womöglich auf eine breite schwarz-rot-grüne Allianz bauen. Schon nächste Woche bei einer Kabinettsklausur will Gabriel erste Eckpunkte vorlegen, wie der Kostenanstieg der Ökostromförderung begrenzt werden kann: Dazu gehören nach Informationen unserer Zeitung Kürzungen bei der Windkraft-Förderung an Land, eine Reduzierung der Ausnahmen für die Industrie bei der Ökostromumlage und kontinuierlich sinkende Fördersätze für Erneuerbare Energien. Auch das Eigenstromprivileg, das Industriebetriebe mit eigener Stromproduktion von der Ökostromumlage befreit, soll begrenzt werden.

Ein „Energiewende-Pakt“

Überraschende Unterstützung bekommt Gabriel jetzt von den Grünen: Sie bieten dem Minister und der Bundesregierung einen „Energiewende-Pakt“ an, erklären sich zur Zusammenarbeit an einer Reform bereit. Die Energiewende müsse mit den Ländern in einem Gemeinschaftswerk umgesetzt werden, heißt es in einem am Freitag vorgelegten Reformpapier. Es wurde von den sieben Landes-Energieministern der Grünen – darunter Johannes Remmel (Nordrhein-Westfalen) und Stefan Wenzel (Niedersachsen) – erarbeitet und mit den Spitzen von Partei und Bundestagsfraktion abgestimmt. „Wir sind bereit und willens, Verantwortung für die Energiewende zu übernehmen“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.

Die Grünen wollen vor allem mit Hilfe der sieben Landesregierungen, an denen sie beteiligt sind, über den Bundesrat Einfluss nehmen – und so verhindern, dass sie bei einem ihrer Kernthemen ins Hintertreffen geraten. Dabei sind sie nun unter anderem bereit, Kürzungen bei der Windkraftförderung an Land zu akzeptieren. Zu dem Forderungskatalog gehören auch eine deutliche Reduzierung der klimaschädlichen Kohleverstromung und schärfere Regeln für den CO2-Zertifikatehandel – das dürfte in der Koalition aber erstmal auf Ablehnung stoßen. Remmel sagte, mit den Vorschlägen der Grünen sei zwar eine deutliche Förder-Entlastung zu erreichen, ein weiterer Anstieg der Ökostromumlage (derzeit 6,24 Cent pro Kilowattstunde) sei aber nicht ganz zu verhindern.

Angebot stößt auf offene Ohren

Bei Gabriel stößt das Kooperationsangebot nach Informationen unserer Zeitung auf offene Ohren, auch wenn die inhaltlichen Differenzen erheblich sind. „Wir sind an konstruktiver Zusammenarbeit interessiert, wir müssen und werden zusammenkommen“, hieß es im Wirtschaftsministerium. Die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist in der Länderkammer zwar nicht zustimmungspflichtig, die Grünen könnten es aber über viele Monate blockieren.

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Gabriel kommt zupass, dass er den Grünen-Energieexperten Rainer Baake als Staatssekretär ins Ministerium holte – sein Kalkül, so die Grünen einzubinden, geht nun auf. Grünen-Chefin Simone Peters berichtete, die Parteispitze führe Gespräche sowohl mit Baake als auch mit Gabriel, um Konsensmöglichkeiten auszuloten.