Düsseldorf/Berlin. . Weil Menschen mit geringen Einkommen kein Geld für eine private Zusatzversicherung haben, droht künftigen Rentnergenerationen zunehmende Armut. Die Senioren-Union von NRW und der Bundesverband der Rentenberater warnen davor, diese Menschen aus dem Blick zu verlieren. Und sie kritisieren, dass das Thema bei den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen in Berlin zu kurz komme.

Senioren-Union der CDU und Rentenberater ­schlagen Alarm und fürchten, dass die Themen Rente und Alters­armut bei den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen im Bund zu kurz kommen. Es sei unklug, dass in den Arbeitsgruppen zur Rente kein Mitglied der Senioren-Union vertreten sei, sagte deren Vorsitzender Otto Wulff dieser Zeitung.

Er steht nicht allein: Die Präsidentin des Bundesverbandes der Rentenberater, Marina Herbrich, kritisierte, dass die Programme von CDU/CSU sowie SPD keinen tatsächlichen Schutz vor Altersarmut bieten würden.

Senioren-Chef Wulff warnte die Unterhändler im Bund davor, „die Rente aus dem Auge zu verlieren“. Ein Arbeitnehmer, der ein Leben lang gearbeitet und Beiträge ­gezahlt habe, müsse seinen ­Lebensunterhalt ohne Leistungen der Sozialhilfe sichern können. Viele Rentner könnten sich keine Zusatzversicherungen leisten.

Fast jeder zweite Geringverdiener kann nicht privat vorsorgen

Nach Angaben von Verbandschefin Herbrich verfügen heute 42 Prozent der Geringverdiener über keine private oder betriebliche ­Vorsorge – zwei Drittel davon sind Frauen. Nach den Rentenmo­dellen der beiden großen Parteien müssten Geringverdiener aber ­kapitalgedeckte Zusatzversicherungen abschließen, um eine Mindestrente zu bekommen. „Das sind zusätzliche Aufgaben, die sich ­Geringverdiener nicht leisten ­können“, klagte Herbrich.

Der Verband der Rentenberater beklagt, dass aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und der Verlagerung in Richtung privater Vorsorge schon heute viele Rentner unterhalb der Armutsgrenze lebten.

An der Armutsgrenze

„Das werden in den kommenden zehn Jahren noch deutlich mehr werden, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter nach­rücken“, so Herbrich. Bereits 2012 lebte fast eine halbe Million Menschen im Rentenalter von Grund­sicherung. Der Bundesverband der Rentenberater setzt sich für den Ausbau und die bessere Förderung der gesetzlichen Rente und der betrieblichen Altersversorgung ein.

Am Dienstag tagt in Berlin erstmals die Arbeitsgruppe von Union und SPD zum Bereich Arbeit und Soziales. Dabei geht es auch um die Rente.

Die Aufwertung der Kinderer­ziehungszeiten bei der Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder ist in der Sache kaum umstritten – wohl aber, ob die dafür fälligen 6,5 Milliarden Euro jährlich vom Steuerzahler oder aus der Rentenkasse kommen. Auch die Frage, ob Spielraum für eine Senkung des Rentenbeitragssatzes von derzeit 18,9 Prozent besteht, ist noch offen.

Rente Ost und Rente West

Absehbar ist: Ein Ergebnis der Verhandlungen wird eine Form der Mindestrente für Geringverdiener sein, die viele Jahre Beiträge eingezahlt haben. Solidarrente der SPD und Lebensleistungsrente der Union unterscheiden sich nur in Details wie der Deckelung der Höhe oder Pflicht zur Privatvorsorge.

Ob bei der Angleichung der ­Rentensysteme Ost und West erste Schritte kommen, dürfte davon ­abhängen, welcher Rentenanstieg in den nächsten Jahren für den ­Osten vorausgesagt wird: Sollten sie dort wie in diesem Jahr schneller steigen als im Westen, käme die Angleichung auch ohne Eingriff voran.